Sonntag, 15. Juni 2014

Partnersuche für Lahm - Khedira muss es machen!

Wir kennen das doch alle von der Spielkonsole, an der wir unsere Lieblingsmannschaften mal so aufstellen wollen, wie das doch eigentlich auch der echte Cheftrainer im echten Leben machen sollte. Meistens hat man einen Lieblingsspieler, den man auf einer bestimmten Position einsetzen möchte. Und da beginnen die Probleme, denn die Festlegung auf der einen führt meistens per Kettenreaktion zu Härtefällen auf den anderen Planstellen.


Joachim Löw hat gerade dieses Problem, natürlich in Wirklichkeit und nicht auf der Konsole. Er hat sich auf seinen Kapitän Philipp Lahm auf der Sechs festgelegt und muss nun unter zwei sehr gestandenen und profilierten Größen den Nebenmann aussuchen. Eins vorweg: Ich habe hier eine feste Meinung. Es kann kein Weg an Sami Khedira vorbeiführen!

Die Entscheidung für Lahm in der Zentrale ist zumindest nachvollziehbar, wenn ich auch nicht direkt Feuerwerke veranstalten und Feiertage ausrufen würde ob der frohen Kunde. Er hat den Job bei den Bayern gut gemacht und ist zudem ein fitter Spieler für eine laufintensive Position. Sein Stellungsspiel und die Wettkampfpraxis haben unter der Fußverletzung aus dem Pokalfinale bestimmt nicht merklich gelitten. Da stehen schon eher Fragezeichen hinter Khedira und Bastian Schweinsteiger. Die Frage ist nun: Welche Architektur erhält das Spiel mit Lahm.
   
Er selbst sagte gestern der ARD, dass er sich im Mittelfeld als Bindeglied zwischen Abwehr und Angriff versteht. Das ist zunächst einmal so präzise wie eine Aussage Angela Merkels zum künftigen EU-Kommissionspräsidenten. Er hätte aber auch sagen können, dass er sich als Abräumer versteht. Hat er aber nicht. Er sieht sich vor allem als Passgeber, als Raumgeber im Angriff und Raumnehmer in der Defensive. Bei aller Erfahrung als Abwehrspieler und Cleverness im Zweikampf fehlt Lahm auch die physische Präsenz, um einen echten Staubsauger geben zu können.

Unvergessen sind auch die eher schwarzen Momente in seiner Nationalmannschaftskarriere, als ihm in seiner Rolle als zentrale Absicherung 2008 und 2012 in entscheidenden Momenten die Gegner wegliefen. Lahm braucht also einen körperlich präsenten, am besten hoch aufgeschossenen, zweikampfstarken Spieler, der ihm bei defensiven Scharmützeln den Rücken freihalten kann. Da Löw aus irgendwelchen Gründen Christoph Kramer nicht für die Startelf vorsieht, fällt mir bei dieser Beschreibung unwillkürlich Sami Khedira ein.

Der frühere Stuttgarter und jetzige Real-Profi hat sicher noch Rückstand nach seinem Kreuzbandriss. Aber er war immer schon unmessbar wichtig für die Mannschaft, weil er ihr etwas gibt, was kein anderer Spieler hat. Er stellt seine Physis und seine außergewöhnliche Arbeitsbereitschaft in den Dienst der Defensive und der Offensive. Er ist das, was man landläufig „zuverlässig“ nennt. Er ist kopfballstark aber auch nicht unbeholfen im Zweikampf am Boden. Seine Vorstöße können vertrackte Situationen auflösen und er ist ein harmonischer Widerpart zu Mesut Özil. Mats Hummels, dessen Meinung selten von schlichter Dumpfheit geprägt ist, analysierte neulich, dass die Abwehr immer dann Probleme bekommt, wenn der Gegner frei auf sie zuläuft. Khedira ist im aktuellen Kader die beste Versicherung dagegen.

Hinzu kommt, dass Khedira nicht erst nach dem Champions League-Sieg dieses Jahres eine enorme Reputation genießt, auch bei den Gegnern. Und nein, lieber Karlheinz Wild, vor Bastian Schweinsteiger haben die Gegner nicht mehr Respekt als vor Khedira. Außerdem geht Schweinsteiger genau das defensiv Stabilisierende ab, das an Lahms Seite benötigt wird. Natürlich bringt er dafür gestalterisches Geschick mit, das auch der Kapitän nicht bieten kann. Aber, und das ist die Ausgangslage, wir suchen längst nicht mehr nach der optimalen Zusammenstellung im früher so genannten defensiven Mittelfeld sondern nach einem Partner für Lahm. Und der muss Khedira heißen.

Bleibt die Frage was der Bundestrainer plant. Der Kaffeesatz spricht für Khedira. Selten wirkte Löw bei einer Verletzung eines Schlüsselspielers so angeschlagen wie nach Khediras schwerer Knieverletzung. Das zeigt, dass er dessen Mitwirken als elementar für die Stabilität in der Zentrale ansieht. Zudem hat Schweinsteiger ihn vor zwei Jahren „enttäuscht“, als er sich halbfit durchs Turnier schleppte und eher von der Mannschaft gestützt werden musste als dass er ihr half. Die Ausgangssituation ist jetzt mindestens ähnlich.

Ich habe übrigens Toni Kroos nicht vergessen. Er steht für mich als Nebenmann für Lahm aus den oben genannten Gründen nicht zur Debatte. Er gibt dem Spiel nichts, was nicht auch Schweinsteiger geben könnte. Wenn Kroos und Schweinsteiger zunächst die Bank drücken müssen, sind sie auch nicht raus aus dem Turnier. Es mag für Spieler mit diesem von ihrem Klub indoktrinierten Selbstverständnis erst einmal nicht einfach sein, sich hinten anzustellen. Doch die ersten Spiele dieses Turniers haben gezeigt, dass gerade die, die später eingewechselt werden, zu den entscheidenden Akteuren werden können. Und wenn die frischen Kräfte nach einer Stunde Spielzeit dann Schweinsteiger, Kroos und Klose heißen, macht das auf dem Papier schon einmal eine Menge her.

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