Sonntag, 20. Januar 2013

Was ist drin im "Pep"-Deal?

Fast ist die Freude über die Verpflichtung von Josep „Pep“ Guardiola ein wenig getrübt. Denn das Derby in München mit Guardiola und Sven-Göran Eriksson an der Seitenlinie, das wäre der Gipfel gewesen. Dass nun der Spanier kommt, der Schwede aber nicht, hat mit den verschiedenen Situationen bei den Löwen und den Bayern zu tun. Und so lernten die Fans erneut, dass Geld nur dann zu Problemen führt, wenn es von Investoren gesponsert wird, die dann intern auch noch mitreden wollen.

An der Säbener Straße hingegen hat nur eine, äh, nur zwei, ähem, nur drei Personen etwas zu sagen. Karl-Heinz Rummenigge, Uli Hoeneß und vielleicht auch Matthias Sammer, wenn er denn schon mündig ist, würden ein Affentheater, wie es der Nachbar aus Giesing erlebt hat, nicht mitmachen. Und so wurde heimlich, still und leise der gute Freund Jupp Heynckes abgeschoben (Ottmar Hitzfeld hatte es ihm ja immer schon gesagt...) und dafür Pep, der große Titelsammler, geholt.

Für die Liga, heißt es nun immer, ist das eine „Riesensache“. Das ist zwar auch etwas respektlos gegenüber Heynckes, aber klar: Wenn ein Guardiola sich dazu entschließt, seine Weisheit auf den Plätzen der höchsten deutschen Spielklasse zu elaborieren, könnten auch andere Stars der Zunft, kickende und anleitende, auf die Idee kommen, ihr Glück bei den inzwischen auch nicht schlecht zahlenden Deutschen zu suchen. Unmittelbar wird der FC Bayern bessere Karten auf dem Transfermarkt haben, denn welcher Fußballer möchte nicht mal unter Pep spielen?

Mittelbar werden auch die Konkurrenten der Bayern attraktiver für internationale Stars werden, denn welcher Fußballer möchte nicht wenigstens in einer Liga mit Pep spielen? Freilich können von dieser Aufwertung nur die Vereine profitieren, die Aushängeschilder des europäischen Fußballs auch bezahlen können. Dortmund, Schalke, Wolfsburg, vielleicht auch Leverkusen sollten im Sog Guardiolas mutig zu Werke gehen und auch mal Spieler ansprechen, an die sie sich bisher vielleicht nicht herangetraut hätten.

Neben der steigenden Attraktivität für Könner aus dem Ausland wird die Liga auch einen zumindest gefühlten Innovationsschub erfahren. Jürgen Klopp, Thomas Tuchel, Christian Streich und andere redegewandte Vertreter haben Spielstile geprägt und machen die Öffentlichkeit durch blumige Erklärungen und Wortschöpfungen wie „brutales Gegenpressing“ auch darauf aufmerksam, dass die Zeiten des „Geht's raus und spielt's Fußball“ vorbei sind. Guardiola wird nicht von sich aus, aber von einer nach philosophisch anmutenden Zitaten gierenden Presse angestachelt in diesem Topf mitrühren – auch wenn seine Vorstellungen vom Fußball dem Vernehmen nach sehr einfach sind.

Erst Javi Martinez für eine absurde Summe verpflichtet, dann den begehrtesten Trainer der Welt geholt – das zeigt, dass die Erfolge des BVB den Rekordmeister hart getroffen haben. Wie einst, als Robben, Ribery und Toni kamen, will der Primus ein Machtwort sprechen. Und das machen die Bayern gern, indem sie viel Geld ausgeben. Es gibt Menschen, die das Frust-Shopping nennen. Nur häufen die Bayern dabei keine unnützen Sonderangebote an, sondern erwerben Luxusgegenstände, die ihnen auch noch etwas bringen.

Im Prinzip sind die Dortmunder selbst schuld, dass ihre vorübergehende nationale Allmacht derart jäh gebrochen wird. Hätten sie sich in den vergangenen Jahren etwas zurückgehalten, die Bayern nicht ganz so gedemütigt und ihnen ab und an das Gefühl gegeben, auch national etwas gewinnen zu können, wäre die Reaktion in München nicht derart heftig ausgefallen. Die Hoffnung der Liga kann nun lediglich sein, dass Pep Eingewöhnungsschwierigkeiten plagen werden. Kein – Entschuldigung – koan Messi, koan Xavi, koan Iniesta, koan Pique, koan Heimatgefühl, koan Verwurzelung im Verein, all das ist neu und wird selbst dem großen Katalanen zusetzen.

Auch die großen Egos im Verein darf er nicht unterschätzen. Die Aussage von Stefan Effenberg, getätigt, als Guardiola noch ein Gerücht war, dass der mehrfache Champions League-Sieger nach halbjähriger Anleitung durch Jupp Heynckes den Job bei den Bayern durchaus drauf hätte, zeugt von einer signifikant überhöhten Selbsteinschätzung aller derer, die sich zum Dunstkreis dieses Vereins zählen. Guardiola hat sich scheinbar auch deshalb für die Bayern entschieden, weil im Vorstand viel Fußball-Sachverstand vorhanden sei. Wenn sich dieser Vorteil mal nicht in einen Nachteil verwandelt! Die Scheichs bei Manchester City lassen Roberto Mancini ziemlich ungestört werkeln, Hoeneß hingegen hat immer einen gut gemeinten Ratschlag parat. Und eine Figur wie den verkniffen das Training observierenden Sammer muss man im Rest Europas auch lange suchen

In der Diskussion mit den Bossen wird sein Ruf Guardiola zunächst unantastbar machen. Das wird allerdings nur so lange andauern, bis die Meinungen deutlich auseinandergehen. Louis van Gaal musste gehen, weil er als beratungsresistent galt. Was heißt das übersetzt? Er hat nicht genug mit Uli Hoeneß gesprochen und erst recht zu selten die Meinung des Patriarchen übernommen. Guardiola wird dieses ganze Thema besser moderieren. Kommunikativ und intelligent wie er ist, wird er seine eigene Meinung so vertreten, dass Hoeneß ab und zu denkt, es wäre seine Idee gewesen, die er da auf dem Feld umgesetzt sieht.

Es wird spannend, wie sich die Spielweise der Bayern ändern wird, wie die Außendarstellung sein wird, welche Stars kommen und wie sich die interne Gesprächskultur entwickelt. Pep ist ganz sicher eine „Riesensache“ für die Liga, die nun eine ungeahnte internationale Aufmerksamkeit erfährt. Das spült Geld in die Kassen aller Klubs und mehr Geld führt nur in seltenen Fällen zu weniger fußballerischer Klasse. Die Chancen für einen Qualitätssprung im deutschen Vereinsfußball sind groß, und da verkraften wir auch Erikssons Absage an die Löwen.

Keine Kommentare: