Freitag, 27. Juli 2012

Arsenal vor dem nächsten Neuanfang: Wer ersetzt Tormaschine Robin van Persie?

Es gibt Fans, die sich auf das sommerliche Transferfenster mehr freuen als die des FC Arsenal. Zwar kommen Jahr für Jahr interessante Spieler ins Emirates, hoch talentiert, technisch brillant, oft Nationalspieler. Doch genauso regelmäßig müssen die „Gunners“ vom besten Akteur Abschied nehmen. Im vergangenen Jahr lavierte sich Cesc Fabregas zum FC Barcelona, in diesem Jahr wird es Robin van Persie, den Torgaranten der vergangenen Saison, zu einem anderen Klub ziehen. Womöglich sogar zu einem direkten Konkurrenten.

Die Arsenal-Fans und ihr Deja-Vu

„Same procedure as last year?“ fragt der Böses ahnende Butler im berühmten Sketch „Dinner for One“ seine greise Herrin Miss Sophie und muss, alle Gäste spielend, fortan recht oft zum Kelch greifen. Die gleiche Frage könnten die Anhänger des FC Arsenal stellen, wenn erste Presseberichte über den Abgang eines zentralen Spielers erscheinen. In der Trauer um den Abschied eines weiteren Weltstars schauen auch sie vermutlich einmal öfter ins Glas. Fabregas, Samir Nasri, Gael Clichy, Kolo Toure, natürlich auch Thierry Henry – sie alle warfen durch ihren Weggang im Umfeld die Frage auf, ob die Mannschaft einen solchen Qualitätsverlust verkraften kann. Die titellose Zeit seit 2005 scheint denen Recht zu geben, die Arsenal den ganz großen Wurf nicht mehr zutrauen, weil selbst die Eckpfeiler der Mannschaft den Glauben an den Angriff ganz oben verloren haben und sich ihre Titelträume bei spendableren Teams erfüllen wollen.

Podolski und Giroud unter Druck

Nun wird also der Verkauf von Robin van Persie vorbereitet. Die Ankündigung, seinen Vertrag nicht verlängern zu wollen, war das Signal an finanzkräftige Käufer, dass er sich einen Wechsel schon in diesem Sommer vorstellen könnte – und der Lockruf ist angekommen. Die Klubs aus Manchester sind interessiert, Juventus auch. Arsene Wenger scheint eine Vorahnung zum Verbleib seines Superstars gehabt zu haben, denn er hat mit Lukas Podolski und Olivier Giroud bereits zwei fähige Offensiv-Kräfte verpflichtet. Die linke Klebe von „Prinz Poldi“, der Torinstinkt des Franzosen, fast scheint es, als seien van Persies Qualitäten künftig auf zwei Spieler verteilt. Die dezente Euro des ehemaligen Kölners und der Qualitätsunterschied zwischen Premier League und Ligue 1 dürften Wenger allerdings grübeln lassen, ob eins plus eins wirklich zwei ergibt.

Geheimakte Transfermarkt

Daran zerbrechen sich auch die Fans den Kopf. Wie im vergangenen Jahr verspricht Wenger ihnen weitere Neuzugänge. „Wir haben unsere Aktivitäten noch nicht abgeschlossen, wir wollen noch Spieler holen“, ließ der Elsässer die Journalisten am Mittwoch wissen. Das soll die Wogen glätten und diejenigen beruhigen, die von ihrem als wohlhabend bekannten Klub endlich Großtaten am Transfermarkt sehen wollen. Doch Wenger blockt ab, Namen sind ihm nicht zu entlocken, große Namen schon gar nicht. Transfers seien eine sehr zerbrechliche, sehr geheime Sache, erklärte er und verweigerte jeden Kommentar zu möglichen Neuzugängen.

Cazorla ein Thema?

Gerüchte entstehen so kaum, glaubwürdige schon gar nicht. Der Flirt mit Yann M'Vila scheint aussichtsreich, zieht sich aber schon sehr lang hin, ohne recht voran zu kommen. Mikel Arteta schwärmte unlängst von Landsmann Santi Cazorla, dem Europameister aus Malaga. Eine echte Alternative zu Theo Walcott würde dem Kader auch gut tun, doch mehr als lobende Worte drangen bislang nicht an die Öffentlichkeit. Bis weitere Neue kommen heißt es daher, die stark zu reden, die schon da sind. Thomas Vermaelen lobte Podolski auf der chinesischen Homepage des Klubs als „disziplinierten“ Spieler mit einer „großartigen Einstellung“. Giroud verbreitet als Torschützenkönig Frankreichs Optimismus.

Wilshere und Diaby zuversichtlich

Als „Neue“ gelten auch Jack Wilshere, der endlich wieder Anschluss finden soll, aber noch immer nicht zum Team gefunden hat, und Abou Diaby, der ebenfalls vom Verletzungspech geplagt ein Jahr verpasst hat. Da die Gunners mit Arteta und Alex Song aber gerade auf diesen Positionen passabel besetzt ist, werden die Rekonvaleszenten den Kader zunächst nur in der Breite verstärken. Was fehlt, ist ein echter Abräumer, der die Viererkette entlastet, und spätestens seit der Verletzung von Tomas Rosicky ein Spielmacher, der dem teilweise herausragenden Offensivspiel Kontur verleiht.

Arsene knows

Es bleiben aktuell zwei Fragen. Können Giroud und Podolski sich rechtzeitig an Härte und Tempo auf der Insel gewöhnen, um ihrem Arbeitgeber schon in der Hinrunde zu helfen? Und setzt der Verlust der niederländischen Lebensversicherung neue Kräfte frei, oder sind die Offensiv-Spieler selbst im Verbund nicht in der Lage, die Lücke zu schließen, die der beste Torjäger der vielleicht besten Liga der Welt hinterlässt? Das Vertrauen, dass Wengers Plan am Ende doch aufgeht, ist nach der unter grauen Wolken gestarteten letzten Saison nicht kleiner geworden. Die Abhängigkeit von van Persie war jedoch größer als die von Nasri und Fabregas. Nur wenn in der kommenden Saison mehr Spieler das Tore schießen entdecken, ist wieder ein Platz unter den Top Four drin.

Zuerst veröffentlicht bei Goal.com

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