… und sind so schlau als wie zuvor …

Abwehrchaos, schwächelnde deutsche Meister, Champions-League-Versager als Hoffnungsträger – was hatte es nicht für Themen nach dem Tag der offenen Tür in der Schweiz gegeben. Die Bayern waren wieder dabei, aber es lief in Leipzig kaum besser gegen einen schwachen Gegner. Der Test gegen Israel lieferte mit der Lupe zu suchende positive Erkenntnisse, aber beim Turnier wird das alles ganz anders aussehen. Hoffentlich...

Die Mannschaft, die so gerade gegen Israel gewonnen hat, machte nicht den Eindruck einer eingeschworenen Gemeinschaft. Zu oft waren es die Spieler, die sich aus dem Verein kennen, die sich auf dem Feld suchten und fanden. Auffallend war das sichere Zusammenspiel bei Mesut Özil und Sami Khedira, Philipp Lahm und Lukas Podolski übten sich als Zweckgemeinschaft auf der linken Seite noch am ehesten um bajuwarisch-nichtbajuwarische Verständigung. Automatismen beschränkten sich jedoch auf im Verein Einstudiertes und so erstaunte die Dominanz der zahlenmäßig überlegenen Bayern nicht.

Automatismen sind allerdings auf alle elf Spieler bezogen nötig, damit mehr Gefahr vor des Gegners Tor entsteht. Die Israelis streckten augenblicklich die Waffen, wenn das Team von Joachim Löw über mehrere Stationen mit einem Kontakt spielte. Das war beim 1:0 durch Mario Gomez der Fall, und auch die größte Chance von Podolski in der zweiten Halbzeit entstand nach einem temporeichen Angriff. Ansonsten war der Einzelne in der Mannschaft viel zu lange am Ball, während des Annehmens, Schauens und Weiterspielens hatten sich selbst die bieder auftretenden Gäste stets wieder gestellt (Steffen Simon: „Chelsea in schlecht“).

Mehmet Scholl bemängelte schon zur Pause das manische Spiel über die Flügel, doch das Problem war nicht der Ort des Spiels sondern die Art und Weise. Auf der Außenbahn haben die Angreifer in der Regel mehr Zeit, sich das Spielgerät zurecht zu legen und diese Zeit haben sich Thomas Müller, Jerome Boateng, Podolski und Lahm zu oft genommen. Wenn dann noch ein eher elfmeterpunktfixierter Stürmer wie Gomez in der Mitte steht, dann sind die Angriffsversuche einfach zu ausrechenbar. Gomez hat sich überhaupt als wenig kombinationssicher erwiesen und in den oben angesprochenen Tempoangriffen mit einem Kontakt pro Spieler zu oft den Ball verloren.

Abgerundet wurde die doch enttäuschende Leistung durch eine frappierende Einfallslosigkeit bei den Standards. Löw weist zurecht darauf hin, dass es im Fußball nicht nur um Standards geht. Aber sie können zu einem entscheidenden Faktor werden. Mir ist nicht bekannt, wie oft die Spanier vor der WM in Südafrika den Fall des ruhenden Balles geprobt haben, aber gegen Deutschland haben sie genau eine solche Situation gebraucht, um einen starken Gegner zu besiegen. Wenn die Nationalelf also irgendwann ganz im Stil der Bayern mit über 20 eigenen Ecken scheitert, dürfte sich eine Diskussion um den laschen Umgang mit Ecken und Freistößen anbieten.

Warum es doch noch was wird bis Portugal:

Zum einen ist der Fitnesszustand noch nicht der Beste. Profisportler trainieren auf einen Punkt hin und es wäre ein schlechtes, ja ein verheerendes Zeichen, wenn dieser Punkt jetzt schon erreicht wäre. In diesem Fall wäre zu befürchten, dass in der letzten Turnierwoche die Körner fehlen. Zum anderen kann man sich, so schlecht das Argument auch sein mag, auf diese Mannschaft einfach verlassen. Pünktlich zu den Turnieren haben sich die von Löw (und vorher Klinsmann) eingestellten Mannschaften immer zusammengerissen und gute Leistungen abgeliefert. Warum die Abwehr mit Holger Badstuber statt Arne Friedrich schlechter sein soll, muss auch noch begründet werden. „Wir haben noch eine Woche Zeit, um uns vorzubereiten“; sagte Philipp Lahm nach dem Spiel. Sie werden die Zeit schon nutzen.