Donnerstag, 24. Mai 2012

Schweini & Co. bei der Nationalelf: Bloß kein falscher Ehrgeiz!

„Wir haben keinen Zaubertrank“, sagte Oliver Bierhoff in dieser Woche angesprochen auf die Bayern-Stars, die am Boden zerstört das Training für die EM aufnehmen müssen. Nein, Miraculix muss einen leeren Kessel vorzeigen, Bastian Schweinsteiger, Thomas Müller und die übrigen Champions-League-Verlierer können nicht auf eine magische mentale Regeneration hoffen. Nicht wenige fürchten sogar, dass der Bayern-Blues nun auch die Klasse der Nationalmannschaft schmälern könnte. 

Die Bilder nach dem Finale in München ließen auch mit Blick auf das Turnier in Polen und der Ukraine Schlimmes befürchten. Ein Verein hatte die Chance verpasst, den wichtigsten Pokal im Vereinsfußball im eigenen Stadion zu erringen. Die Art und Weise, wie Chelsea gewann, machte das Drama perfekt. Die Bayern, denen so oft vorgeworfen wird, nur effektiv zu spielen, durch späte Tore zu gewinnen und nicht das volle spielerische Potenzial auszuschöpfen, fanden in genau diesen Disziplinen ihren Meister.

Wenige Tage später reisen die Leistungsträger nun zu Jogi Löw, der wieder einmal den Seelendoktor für gebeutelte Vereinsspieler gibt. Doch dieses Mal muss er nicht nur den chronisch vom Tagewerk niedergeschlagenen Lukas Podolski in den Arm nehmen, sondern auch jene, die sonst allein wegen ihres Selbstverständnisses mit breiter Brust zu den Länderspiel-Terminen kamen. Ein Vergleich mit Bayer Leverkusen 2002 verbietet sich allein schon deshalb, weil mit ein paar Tagen Abstand der dreifache zweite Platz ein Riesen-Erfolg für die Werkself war. In München ist das anders, insgeheim war mit Sicherheit das Triple eingeplant.

Hinzu kam die erwähnte besondere Situation, dass es eben nicht oft die Möglichkeit gibt, in den eigenen vier Wänden die Champions League zu gewinnen. Was bedeutet das jetzt für die EM? Sitzt Schweini entnervt auf der Bank, lümmelt Mario Gomez ohne Elan im gegnerischen Strafraum herum und tendelt Toni Kroos deprimiert und lauffaul am Mittelkreis umher? Damit ist nicht zu rechnen. Einmal deshalb, weil Kroos und Gomez wahrscheinlich gar nicht spielen werden, zum anderen, weil die Profis mit einer Jetzt-erst-recht-Stimmung ins Turnier gehen werden. Auch vor den vergangenen Turnieren schaffte Löw es, der Mannschaft in der Vorbereitung einen eigenen Stil zu verpassen, der sich von den Auftritten der Spieler im Verein und auch den Vorstellungen in der Quali durch Intensität und Präzision unterschied.

Er wird auch bei den Trauerklößen aus München den Reset-Knopf finden. Mehr Sorgen bereitet der Gedanke an ein enges Finale, womöglich ein Elfmeterschießen. Da sollte Löw aus den Erfahrungen der Bayern lernen. Schweinsteiger wird zum Beispiel nur so darauf brennen, die Elfer zu schießen, doch die Posse vom Punkt um Arjen Robben hat gezeigt, dass es hier keinen falschen Ehrgeiz geben darf. In entscheidenden Momenten wird es – und das ist dann doch eher ungewohnt – nicht auf das Bayern-Korsett der Mannschaft ankommen, sondern eher auf die vor Selbstbewusstsein strotzenden Akteure von Borussia Dortmund und Real Madrid. Hoffen wir, dass Mats Hummels & Co. schon die Ruhe haben, mit dieser Verantwortung umzugehen. 


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