Freitag, 2. März 2012

Hertha und die Trainer: Wie man es macht, macht man's verkehrt

Hertha BSC tritt am Samstag gegen Werder Bremen zu einer Art Schicksalsspiel an. Bei einer Niederlage im heimischen Olympiastadion könnte die Stimmung kippen. Die von der unfassbaren Heimschwäche genervten Fans konnten mit der Verpflichtung von König Otto besänftigt werden, doch der Frieden dürfte nur auf Zeit gelten. Auch Rehhagel braucht Punkte, und zwar einige davon.

Das Olympiastadion könnte symbolisch für den gesamten Verein stehen. Es sieht von außen betrachtet gut aus, wurde immer wieder renoviert, darf sich als Denkmal aber vor einem Abriss oder grundlegenden Umbau sicher fühlen. Auch die Hertha hat sich ein durchgestyltes Gesicht verpasst, modern, als Teil der hippen Hauptstadt. Michael Preetz scheint vor größeren baulichen Veränderungen wie der alte Stadionbau geschützt, auch wenn mancher Fan in einer Charlottenburger Kneipe nicht mehr recht weiß, ob das noch seine Hertha ist.

Die Mär vom enormen Potenzial des Hauptstadtklubs wurde schon oft gesungen und steht der Realität nicht selten diametral gegenüber. Die Finanzen sind das beherrschende Thema. Berlin ist keine Stadt, die wenige Unternehmen beherbergt und über eine brach liegende Industrie jammern müsste. Dennoch scheint die Hertha nicht die Gelder generieren zu können, die Mannschaften aus vergleichbaren Umfeldern einstreichen. Und wenn der Rubel rollt, dann werden emsig Schulden abgebaut. Immerhin.

Fehleinkäufe aus Brasilien, der Ausverkauf der Generation um die Boateng-Brüder – diese Fehler im Management sind schon oft diskutiert worden. Ich möchte den dritten Punkt ansprechen, den Umgang, um es so offen zu formulieren, mit dem Trainerposten. Lucien Favre war der letzte Glücksgriff, Dieter Hoeneß kann sich mit dieser Personalie brüsten. Preetz gab dann einer schlecht in die Saison nach der Fast-Meisterschaft gestarteten, missmutigen Mannschaft nach und feuerte Favre, der nach dem Abgang der Volkshelden Marko Pantelic und Andrej Voronin vergeblich Ersatz gefordert hatte.

Es kam Friedhelm Funkel und niemand verstand es. Feuerwehrmann, ok, aber gleich dieser? Hatte Peter Neururer denn keine Zeit? Das Unheil nahm seinen Lauf. Preetz ließ sich seinen Trainer nicht schlecht reden und wollte der Mannschaft vielleicht zeigen, dass es jetzt auf sie ankommt. Der Abstieg war das Ergebnis einer Saison, die in ihrer Trostlosigkeit laufend Vergleiche zum Abschneiden von Tasmania Berlin heraufbeschwor.  

Mit Markus Babbel änderte sich in der zweiten Liga einiges. Man war Favorit, sprach auch offen darüber, gab sich aber – anders als im Moment zum Beispiel Eintracht Frankfurt – von spiel zu Spiel sehr bescheiden. Berlin war zum Aufstieg verdammt, nahm die Aufgaben im Unterhaus aber ernst und schaffte so die verdiente Rückkehr in die Bundesliga. Der Anfang des erneuten Niedergangs war dann die lächerliche Posse um Preetz und Babbel.

Der „Vertrauensbruch“ führte zur sportlich eigentlich nicht vertretbaren Trennung und mit Michael Skibbe kam Funkel 2.0. „Ungeeignet“ war noch das freundlichste Prädikat, mit dem er wenige Wochen später verabschiedet wurde. Preetz war in der Zwickmühle. Einerseits dachte er an den Abstieg, an sein damaliges Festhalten am Trainer. Andererseits wollte er nach der offenen Verweigerung der Mannschaft nicht wieder, wie im Fall Favre, einen fähigen Trainer entlassen.

Noch trauen die Fans ihm die Wende zu
Es ist müßig zu diskutieren, ob die Mannschaft, wenn sie sich mit Skibbe hätte arrangieren müssen, die Kurve bekommen hätte oder ob sie kaltlächelnd abgestiegen wäre. König Otto hat jedenfalls in Augsburg erlebt, wie machtlos er vielleicht sein wird, wie wenig seine Methoden unter Umständen auswirken werden. Das Spiel gegen Werder ist ein Endspiel. Behält auch Rehhagel den Null-Punkte-Makel, könnte noch vor der realistischen Chance auf den Klassenerhalt die Hoffnung in der Hauptstadt schwinden.

>>> Kleiner Nachtrag: „Ich hätte meinem lieben Otto eigentlich gewünscht, dass er sich das auf seine alten Tage nicht mehr antut, eine Mannschaft zu betreuen, die in ihrem Management derart suizidal veranlagt ist wie Hertha BSC. Der Fisch stinkt immer zuerst am Kopf, wie man bei uns im Norden sagt. So ist das mit Hertha.“ (Jürgen Trittin)

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