Freitag, 27. Januar 2012

It's All Over Now, Baby Blue!

Einst war es das moderne Fußballmärchen. Der Dorfclub, unterstützt durch einen milliardenschweren Investor, marschiert in die Bundesliga, begeistert dort mit jungen Spielern und offensivem Fußball. Doch das scheint lange her und längst vergessen. Aktuell gibt der Hopp-Verein ein Bild des Grauens ab und wäre das Schicksal der Kraichgauer nicht allen so furchtbar egal, wären die Nachrichten voll von den Querelen um Trainer, Manager und Mäzen.

Für Hoffenheimer Verhältnisse überschlagen sich die Ereignisse förmlich. Da sollte zunächst Vedad Ibisevic verkauft werden. Dietmar Hopp hat daraufhin öffentlich sein Veto eingelegt, woraufhin Holger Stanislawski, der im Sommer den Wechsel von Dylan zu DJ Ötzi gewagt hatte, und Ernst Tanner ihn wiederum eines besseren belehrten. Ergebnis: Ibisevic ging nach Stuttgart. Hopp seinerseits hatte aber noch ein Ass im Ärmel. 

Er holte, wohl etwas beleidigt ob der Nichtbeachtung seiner Expertise, zum Rundumschlag aus und hielt der sportlichen Führung vor, in den vergangenen Jahren auf dem Transfermarkt eine Menge Geld verbrannt zu haben. Noch schlimmer, sie haben sein Geld verbrannt. Um 30 Millionen Euro taxiert Hopp die Summe, die in unnütze Transfers geflossen ist, namentlich nennt er Franco Zuculini und Wellington.

Bei letzterem kann ich das Urteil nur unterstreichen, er war für eine Saison an Fortuna Düsseldorf ausgeliehen, wurde aber im Winter schon wieder weggeschickt. Doch mit diesen Reibereien ist es noch lange nicht getan. Als Ersatz für Ibisevic soll nun Srdjan Lakic kommen. Zu teuer, sagt Hopp und will seinen Günstlingen schon wieder einen Strich durch die Rechnung machen.

Die Wut von Stanislawski über die enttäuschende Situation brach sich jetzt in einer Brandrede Bahn, die er gegenüber Journalisten hielt. Tenor: Die Ansprüche sind zu hoch, der Umbruch braucht Zeit, in Hoffenheim sehen alle (zu Unrecht) den Untergang nahen und die Mannschaft hat in Dortmund nichts zu verlieren. Letzteres zielt auf eine weitere Hopp-Aussage ab, die dem Trainer stinkt. Man werde in Dortmund hoffentlich nicht untergehen, hatte der Geldgeber nicht gerade optimistisch gebangt.

Der ehemalige Pauli-Coach hat seine Heimat verlassen, um endlich in Ruhe, ohne den Gedanken an ein wucherndes Magengeschwür beim Anblick der eigenen Mannschaft und Tabellenlage zu arbeiten. Jetzt sitzt er in der Tinte. Hopp geht in zwei Jahren, dann muss der Verein ohne nennenswerte Fanbasis auf eigenen Füßen stehen. Bis dahin will der Mäzen allerdings den eigenen Nachwuchs fördern und auf kostspielige Einkäufe verzichten. Ein Bundesliga-Team in knapp 30 Monaten aus der eigenen Jugend heranziehen, das klingt doch etwas halsbrecherisch.

Tanner, von dem selbst der interessierte Bundesliga-Fan so gar nichts weiß, und Stanislawski proben jetzt den letzten noch möglichen Aufstand, in dem sie den Kader in seinen Grundfesten in Bewegung bringen. Ibisevic ist schon weg, Sejad Salihovic wird wohl folgen, da kommt der größte Verfechter des eigenen Nachwuchses nicht um Verpflichtungen umhin.

Bleibt Hopp hart, könnte Hoffenheim tatsächlich in Abstiegsnöte geraten. Schon Ralf Rangnick ist einst im Groll gegangen, weil ihm seine besten Spieler genommen wurden. Der heute Erschöpfte hatte schon damals beklagt, dass die hohen Ziele mit diesen Methoden nicht zu erreichen seien. Denkt Stanislawski genauso, könnte seine Station auf dem Dorf schon bald auch der Vergangenheit angehören.

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