Donnerstag, 10. November 2011

Götzolski und die Verlockungen des Schlaraffenlands

Mario Götze und Lukas Podolski sind im Moment die Top-Angebote der Bundesliga, die Ware die der Verkäufer unter der Theke hervorholt, wenn der Ramsch kein Interesse weckt. Beide können sich einen Wechsel vorstellen, obwohl sie doch so verbunden mit ihren Heimatclubs sind. Stanislawski und Neuer haben die Laserbehandlung des tätowierten Vereinswappens salonfähig gemacht, und so liebäugeln zwei weitere Identifikationsfiguren mit dem Undenkbaren: Dem Abschied von dem Verein, dem sie doch irgendwie alles zu verdanken haben.


Diese Wechsel gab es zu allen Zeiten, das wird gern vergessen, aber die aktuellen Fälle in Dortmund und Köln sind schon zwei besondere. Lukas Podolski ist außerhalb Kölns nicht vorstellbar. Wie ein Kind, das sich in der Fremde ängstigt, umsorgt der FC seinen Prinzen und lässt ihn nur gehen, wenn der nette Herr Löw ihn an der Haustür abholt und wieder nach Hause fährt. Nach dem Desaster in München stellt sich nicht unberechtigt die Frage: Kann Podolski Ausland?

Er kann. Fußballerisch hat er keine Probleme, England sollte seine erste Adresse sein. Poldi ist schnell, stark am Ball, hat einen famosen Schuss und mittlerweile ein tolles Auge für den Mitspieler. Für den britischen Power-Fußball ist er eigentlich wie geschaffen. Bleibt die Frage, ob er sich auf der Insel denn wohlfühlt, ob er auch gerne dort spielt. Zum einen ist Podolski längst nicht mehr der dumme Kleine, der außer mit Schweini zu toben nichts vom Leben erwartet. Er ist Familienvater, bewegt sich seit Jahren auf internationalem Parkett und seine Interviews machen zwar noch nicht das literarische Quartett vergessen, aber die Entwicklung ist schon außergewöhnlich.

Vielleicht ist die Frage vielmehr, ob Götze Ausland kann. Jürgen Klopp hat den erst schmächtigen, jetzt doch merklich aufgepumpten Techniker unter seine Fittiche genommen. Das besondere Talent und die Fähigkeiten Götzes sind unbestritten. Beispiele aus der Vergangenheit haben jedoch gezeigt, dass selbst die besten Spieler nach ihrem kometenhaften Aufstieg stets ein oder zwei Jahre durchliefen, in denen sie sich sammeln, orientieren und auf die weitere Karriere ausrichten mussten.

Es wäre sehr schade, wenn Götze diese Phase nicht bei Borussia Dortmund durchlaufen würde. Formtief ist zwar Formtief und wann immer es kommt, scheint es höchst unpassend. Abgefedert wird der Fall aber am besten, wenn er in einem Umfeld stattfindet, das Götze bereits lieben gelernt hat und ihm auch mehrere schwache Spiele verzeiht. Bei Arsenal, Barcelona oder Real bekommt er diese Zeit nicht. Hier wird er aussortiert und muss fortan mit dem Makel leben, es bei den großen Jungs nicht geschafft zu haben.

Er sollte seine fußballerische Pubertät noch abwarten, ehe er sich neue Aufgaben sucht. Mit 22 Jahren wird er vermutlich immer noch den Stempel „Talent“ tragen, er verliert also keine Zeit. Angesichts der aktuellen Angebote dürfte die Vernunft allerdings zurückstehen hinter den Verlockungen des Schlaraffenlands. Podolski hingegen sollte aus Vernunftsgründen wechseln. Es wäre doch schön, wenn einer der besten Nationalspieler auch mal am Europapokal teilnimmt. Nichts gegen die Peszkos und Jajalos dieser Welt, aber wer weiß, auf welches Level sich ein Podolski noch bringen könnte, wenn er permanent mit echten Stars spielt und trainiert? Er sollte sich nur vorher eine Löwsche Niebelungentreue des Trainers im Vertrag festschreiben lassen.

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