Freitag, 11. März 2011

Unstoppable

Ich will gar keinen falschen Eindruck erwecken. Ich bin Anhänger des FC Arsenal. Ich bin Fan seit 1996. Das lag zum einen an der grundsätzlich rebellischen Art als Teenager, die es mir verbot, für den gänzlich deutsch herausgearbeiteten EM-Titel zu jubeln, zum anderen aber an der Art und Weise, wie der FC Arsenal Fußball spielte. Die Gunners verloren beide UEFA Cup-Spiele gegen Borussia Mönchengladbach mit zwei zu drei. Sie bescherten dem Zuschauer aber pro Halbzeit unerklärliche zwanzig Minuten, in denen sie ihren Gegner in Grund und Boden rannten und eben zwei Treffer erzielten. Diese Art Fußball zu spielen faszinierte mich und meine Helden waren nicht Mehmet Scholl, Dieter Eilts und Stefan Kuntz sondern Ray Parlour, Lee Dixon, Tony Adams, Paul Merson, David Platt, Ian Wright und Dennis Bergkamp. Gerade meine Affinität zu dem holländischen Topstürmer traf sich gut, wurde ich doch auf den Rheinwiesen in Düsseldorf wegen der Namensgleichheit eh immer "Dennis Bergkamp" genannt.
Was nun mit meinem FC Arsenal am vergangenen Dienstag in Barcelona geschah, war nicht weniger als eine Vorführung. Ich fühlte mich neunzig Minuten lang an Auftritte von eigentlich ambitionierten Bundesligisten in der Allianz-Arena erinnert. Viele Clubs sind schon mit besten Vorsätzen nach München gefahren und dann sang- und klanglos untergegangen. Arsenal hatte bestimmt nicht vor, im Camp Nou nur zuzuschauen. Sie hatten dennoch keine Chance. Barca war in allen Belangen überlegen, sie waren zweikampfstärker, lauffreudiger und passsicherer. Arsenal hat eine unerklärliche Lethargie zur Schau getragen, nicht ein Funken Mut im Spiel nach vorne war zu erkennen. Jürgen Klopp hat vor dem Spiel in München im internen Kreis rausgehauen, dass noch nie eine Mannschaft so in München attackiert hat, wie er es vorhat. Das hätte auch Wenger gut getan.
Die dominanten, auf Ballbesitz ausgerichteten Mannschaften sind nur zu schlagen, wenn man ihrer optischen Überlegenheit Effektivität entgegensetzt. Einzelne Konter können Wunder bewirken gegen Ballbesitz-Fanatiker wie Bayern oder Barca. Wenn diese Mannschaften daran erinnert werden, dass sie verwundbar sind, wenn schnelle Stürmer ihre sonst gelangweilte Innenverteidigung beschäftigen, fährt ihnen ein unerklärlich beeinflussender Schrecken in die Glieder. Das Mittelfeld läuft plötzlich durcheinander und wird nur noch durch die wahren Weltklassespieler zusammengehalten. Man nehme Xavi. Ich habe ihn am Dienstag keinen Fehlpass spielen sehen. Er ist auf seiner Position der komplette Fußballer. Daher sei ihm der Fairness halber der Rest dieses Artikels gewidmet, war er doch der entscheidende Faktor im Treffen der beiden spielstärksten Mannschaften Europas.
Xavi fasziniert durch seine Ruhe. Er ist taktisch und technisch perfekt ausgebildet und darüber hinaus noch körperlich sehr robust. Ich habe gehört, dass in Spanien Witze über seine Drehungen gemacht werden, die er vorführt, sobald er auf engem Raum den Ball bekommt. Es passt zum spanischen Fußball, dass die Öffentlichkeit seine größte Stärke verkennt und lächerlich macht. Er verliert einfach keinen Ball und dabei hilft ihm seine permanente Rotation. Es klingt so einfach, warum kann nicht jeder Bundesliga-Spieler, der ja auch jeden Tag trainiert, das Drehen üben? Die Antwort ist einfach und soll die Fähigkeiten Xavis in keinster Weise schmälern. Es braucht ein Team, dass den Dreher in mindestens einer Zwischenposition abholt. Die Mitspieler müssen bereit sein, dem rotierenden Spieler mindestens drei Abspiel-Punkte anzubieten. Natürlich profitiert Xavi von der agilen Spielweise eines Messi und eines Iniesta,ohne die permanenten Angebote seiner Kollegen würde er brotlos den Ball umherwirbeln. Messi und Iniesta würden aber ohne Xavi auch oft genug ins leere laufen, sie genießen seine Qualitäten als Spielgestalter.
In Barcelona treffen sich gerade die besten Offensiv-Spieler der Welt und dass der FC Arsenal so lange standgehalten hat, spricht für seine Klasse. Die Champions League wird aber Barca gewinnen, ich sehe aktuell keinen Verein, der die Katalanen aufhalten kann.Vielleicht wird Xavi dann auch endlich Weltfußballer des Jahres, vielleicht wird er auch von Mesut Özil verdrängt, der von seinem Arbeitgeber 1 Mio. Euro bekommen würde, wenn er den Titel als bester Fußballer der Welt erringen würde. Willkommen zurück in Madrid, wir haben Sie vermisst, verehrter Herr Größenwahn!

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