Montag, 17. Januar 2011

Nicht mal Vizekusen

Ein jeder spricht von Borussia Dortmund, doch niemand spricht von Bayer Leverkusen. Wenn es noch einen Beweis gebraucht hat, dass die Werkself nicht Deutscher Meister wird, so hat sie ihn am Freitag selbst geliefert. Alles war angerichtet. Das Eröffnungsspiel der Hinrunde führte den BVB ins alte Haberland-Stadion. Die Leverkusener hatten endlich alle Spieler an Bord, die Bank war mit Hyypiä, Barnetta, Derdiyok, Vidal und Ballack formidabel besetzt. Und den Dortmundern hatte ganz Fußball-Deutschland eine kurze Winterpause lang eingeredet, dass sie schon am ersten Spieltag der zweiten Saisonhälfte straucheln werden.
Was folgte, war ein Spiel, dass klar aufdeckte, wo der Schuh drückt in Leverkusen. Die Abwehr ist, nüchtern betrachtet, ziemlich durchschnittlich besetzt. Manuel Friedrich ist ein solider Verteidiger, aber er lädt mindestens einmal pro Spiel großzügig ein zum allgemeinen Toreschießen. Sami Hyypiä sitzt seine alte Form und jugendliche Frische suchend auf der Bank. Stefan Reinartz kann mangels Erfahrung noch keine Meisterabwehr verstärken und die Außenverteidiger sind stabil ohne zu glänzen (Castro) oder flatterhaft (Schwaab). "Mit dem Sturm gewinnt man Spiele, mit der Abwehr Meisterschaften" ist ein alter Fußball-Spruch. Er ist schon oft widerlegt worden, Bayer muss ihn sich jetzt aber wieder einmal unter die Nase reiben lassen.
Wenn in der Offensive alle Mann an Bord sind, kann Jupp Heynckes den wahrscheinlich spielfreudigsten Angriff der Liga aufbieten. Die besten Defensivspieler stehen derweil im Mittelfeld, nämlich Simon Rolfes und Arturo Vidal. Die Abwehrkette habe ich ja bereits erwähnt. Mit dieser Mannschaft kann Leverkusen auch Dortmund über weite Strecken des Spiels Paroli bieten, in den entscheidenden Situationen reicht es dann aber eben doch nicht. Die Fehler von Schwaab und Friedrich, die den BVB binnen kürzester Zeit auf die Siegerstraße brachten, wären Hummels und Piszczek vermutlich nicht unterlaufen. So schön die Dortmunder auch nach vorne spielen, den Leverkusenern hatten sie vor allem eine starke Abwehr voraus. Und so wird Bayer sich von Spiel zu Spiel in einen wahren Rausch spielen müssen, um die Gegentore, die immer wieder fallen werden, auszugleichen. Das Spiel vor Weihnachten gegen Freiburg (2-2) brachte ihnen nicht ein mageres Pünktchen, weil der Sturm nicht funktioniert hat, sie haben sich hinten übertölpeln lassen.
Im Moment ist von einem rauschhaften Angriffsspiel noch nicht viel zu erahnen, also wird Leverkusen aufpassen müssen, dass sie nicht noch von den ambitionierten Mittelfeld-Wühlern Bayern und HSV geärgert werden. Wahrscheinlich ist der Ausdruck Vizekusen in dieser Saison erstmals mehr Verheißung denn Fluch, denn zum zweiten Platz ist es noch ein langer Weg.

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