Mittwoch, 12. Januar 2011

Bayern sucht den Super-Torwart

Forsch ist er aufgetreten, dieser Thomas Kraft. Da schien ein junger Mann aus den Fehlern seines Vorgängers zu lernen. Thomas Kraft wollte nicht jahrelang auf der Bayern-Bank versauern, um am Ende in Köln zu landen. Deshalb gab er kurz vor Weihnachten ein nicht unkluges Interview, vielleicht hatte er sich auch längst mit seinem Trainer besprochen. Vielleicht haben seinem Trainer auch gerade die markigen Worte, das Einfordern des Stammplatzes imponiert, vielleicht hat sich Thomas Kraft auch nur geschickt ins Gespräch gebracht. Alles Spekulation, denn die wahren Beweggründe des Louis van Gaal, in der Winterpause den Torwart zu wechseln, werden wohl bis zum Erscheinen der nächsten Memoiren des Holländers im Dunkeln bleiben.
Torwartwechsel sind seit Jürgen Klinsmann beim FC Bayern kein Unding mehr. Mit der Ausbootung Rensings hatte Klinsi die wohl einzige richtige Entscheidung in seiner Amtszeit beim Rekordmeister getroffen. Einen neuen Kahn gibt es seitdem nicht, also kann munter probiert werden auf der Position der Nummer eins. Gleich einem Präsidenten, der den Trainer feuert statt den ganzen Kader umzukrempeln, ist schneller Butt geopfert als Daniel van Buyten, Breno und wie sie alle heißen gleichzeitig. Wer also hofft, dass ein besserer Torwart der Defensive Halt geben wird, muss sich wohl auf eine Enttäuschung gefasst machen.
Unerklärlich ist das Ränkespiel, dass sich um die Personalmaßnahme entsponnen hat. Da fühlten sich die Bayern-Bosse übergangen, weil van Gaal einfach einen neuen Torwart bestimmt, ohne sie zu fragen. Tagelang hatten die einschlägigen Fernsehsender nichts anderes zu berichten als die Verstimmung des Christian Nerlinger über die Entscheidung seines Trainers. Van Gaal verliere seinen größten Unterstützer, hieß es da. Dabei hatte der sportlich verantwortliche Trainer eine Entscheidung getroffen, die klar in seinen Arbeitsbereich fällt. Man stelle sich nur einmal vor, was los wäre, wenn Clemens Tönnies die Aufstellungen von Felix Magath kommentieren würde...
Wäre da nicht im Vorfeld die Diskussion um eine Verpflichtung von Manuel Neuer gewesen, hätte es nie eine Diskussion gegeben. Van Gaal will Neuer nicht und er hat wahrscheinlich Kraft in Stellung gebracht, damit die Verpflichtung des Schalker Torwarts unnötig wird. Alles Spekulation. Aber was wäre andererseits überhaupt gegen den Wechsel vom Auslaufmodell zum Talent einzuwenden? Es gibt sportlich kaum Gegenargumente. Butts Erfahrung wird durch die - wie man sich erzählt - famosen Reflexe von Kraft wettgemacht.
Um Argumente geht es aber schon längst nicht mehr. Es ist für einen seriösen Verein eigentlich untragbar, dass Nerlinger erst einen Torwart gegen den Willen des Trainers holen will und sich dann, wenn der Trainer weitaus harmloser zurückschlägt, über schlechte Kommunikation ereifert und süffisant in die Kameras schmalzt, dieser van Gaal sei nun mal so. Spätestens nach solchen Sprüchen wäre ich an van Gaals Stelle mit einer Flasche Rosenwasser geflohen und hätte den hohen Herren die Brocken hingeschmissen. Inzwischen ist es keine gewagte Prognose mehr, dass im Sommer irgendwer nicht mehr will und geht. Hoeneß und Rummenigge werden das nicht sein. Freuen wir uns also auf einen fetzigen Machtkampf zwischen Trainer und Sportdirektor. Einen Fingerzeig auf den möglichen Ausgang hat es schon gegeben. Wenn Kraft Fehler macht, so sagte van Gaal, dann werde Butt wieder spielen. Das klingt nach einem Trainer, der gegen seine Überzeugung spricht. Ein junger Torwart macht Fehler, Manuel Neuer hatte regelmäßig fürchterliche Aktionen. Aber er hat sich gefangen, weil er Zeit hatte. Ein junger Torwart ohne Zeit ist ein Rensing. Und der landet in Köln.

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