Donnerstag, 9. Dezember 2010

Spiele ohne Bedeutung

Vor dem Spiel gegen den FC Bayern wurde Basels Trainer Thorsten Fink noch gefragt, ob die Niederlage der Bayern gegen Schalke für ihn eine schlechte Nachricht gewesen sei. Der Verdacht lag nahe, dass die Bayern nach einem Erfolgserlebnis im Ruhrgebiet die Nummer gegen den Schweizer Meister etwas ruhiger angegangen wären. Hätte, wenn und aber... Die Bayern verloren auf Schalke und so hatten sie es bitter nötig, mal wieder zu gewinnen, denn das letzte Champions League-Spiel in Rom ging auch schon etwas peinlich verloren. Ein neuerlicher Misserfolg hätte das mühsam gekittete Verhältnis zwischen Chefetage und Trainer wieder gehörig durchgerüttelt. Sportliche Gefahr bestand für die Münchener natürlich nicht.
Als Gruppensieger waren sie bereits qualifiziert, doch einen Auftritt, wie ihn zum Beispiel der AC Mailand beim ebenfalls völlig bedeutungslosen 0-2 zu Hause gegen Ajax hinlegte, hätte den Bayern im Moment niemand verziehen. Aloysius Paulus Maria, genannt Louis van Gaal hatte erkannt, dass sich dunkle Wolken von den Alpen her ansagen und schickte vorsichtshalber trotz des Wrestling-Charakters, den das bevorstehende Spiel zweifellos hatte, seine wetterfesteste Elf aufs Feld. Da machte es nichts, dass der angekündigte Sturm sich in aller Schweizer Langsamkeit in München bemerkbar machte und letztlich kaum mehr als ein laues Lüftchen war. Die Bayern haben international - wie eigentlich auch regelmäßig in der vergangenen Saison - bewiesen, dass sie in der Lage sind, Pflichtaufgaben zu erledigen. Mal sehen, ob sich ein Reporter findet, der Holger Stanislawski vor seinem Gastspiel in der Allianz-Arena die gleiche Frage stellt, die Thorsten Fink gestellt wurde. Ist das Erfolgserlebnis des Gegners ein Vorteil für St. Pauli? Lehnen sich die Bayern nach dem ersten Erfolg gleich wieder satt zurück? Kaum zu glauben, angesichts der letzten Auftritte des Kiez-Clubs und der leider Gottes immer noch nicht wegzuredenden Heimstärke des Rekordmeisters. Hoffnung macht nur, dass den Bayern in dieser Saison auch im negativen Sinne alles zuzutrauen ist.
Die Schalker haben bereits am Dienstag relativ beeindruckend dafür gesorgt, dass Sat1 zumindest eine weitere Runde entscheiden muss, welchen deutschen Teilnehmer der Sender mit einer Live-Übertragung im Free-TV beschenkt. Das gespenstische Szenario im Estadio da Luz nahm sein Ende in einem letztlich knappen Sieg des deutschen Vertreters. Das Stadion war leer, und das spektakulärste, das wir von Benfica, immerhin dem mitgliederstärksten Club der Welt, zu sehen bekamen, war der Flug des Adlers vor dem Spiel und der fröhliche Falkner, der - den Adler auf dem Arm - seinen Daumen in jede Kamera reckte. Nach der Folklore kam die Tristesse. Die Spieler in rot waren derart von einem Scheitern der Konkurrenz aus Tel Aviv in Lyon überzeugt, dass sie dem Gegner aus Gelsenkirchen seinen Spaß ließen und zusahen, wie Jurado, Raul, Huntelaar und sogar Per Kluge, der scheinbar zu selten in einer Reihe mit Messi und Ronaldo genannt wird, ein arrogantes Trainingsspielchen mit allerlei Lupfern aufs Parkett legten. Angetan von den lauen Temperaturen in Portugal entdeckten die Gazprom-Kicker ihre Lust am gepflegten Ball und vergaßen das Tore-Schießen. Dass es am Ende doch gereicht hat, war dem unfassbaren Unvermögen Benficas und wieder einmal Manuel Neuer zu verdanken. Der Torwart weckt den Verdacht, dass Magath ihn nur gehen lässt, wenn er seinen Preis auf mindestens 30 Mio. Euro hochschraubt. In diesem Fall wäre seine aktuelle Leistungsexplosion ein Ausdruck ausgeprägten Fluchtwillens.
Ein Wort noch zu unseren Freunden aus Bremen. Auch der Stadtrivale des AC Mailand dokumentierte schon durch seine Aufstellung, das er eigentlich besseres zu tun hatte am Dienstag-Abend als Champions League zu spielen. Dem Fernseh-Zuschauer fiel in der ersten halben Stunde ebenfalls auf, dass er vielleicht endlich mal die Steuererklärung machen könnte. Als dann letztlich nur noch die Bremer wollten, kam es, wie es kommen musste. Inter vertrug das erste Tor von Werder nicht und zeigte sich reichlich eingeschnappt, dass der Gruppenletzte das Gentlemen's Agreement über ein torloses Unentschieden aufgekündigt hatte. Die Bremer durften noch einmal ein bisschen feiern und vergaßen fast, dass das Heimspiel am letzten Spieltag gegen den Vorjahressieger unter anderen Vorzeichen auch zum ganz großen Endspiel getaugt hätte. Jetzt bleibt nichts als warten und bangen, dass mindestens Freiburg, Hoffenheim, Bayern, Frankfurt und der HSV noch einer Schwächephase erliegen. Dann wären sie nämlich Fünfter und immerhin in der Europa-League, oder wie der Wettbewerb dann heißt.

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