Montag, 6. Dezember 2010

Begriffe des Fußballs: Rapport

Felix Magath musste in der vergangenen Woche zum Rapport. Das ist leicht dahingesagt, doch lohnt sich ein Blick auf den Ursprung dieses in die Fußball-Sprache übernommenen Begriffs. Er musste zwar nicht beim Geldgeber Putin sondern "nur" beim Aufsichtsrat antreten, die Situation dürfte ihm aber auch so nicht geschmeckt haben. Als Trainer, Manager und Vorstandsmitglied zu einem Gespräch zitiert zu werden, kann am Ego nagen. Doch warum scheint der "Rapport" noch eine Nummer ungemütlicher zu sein als ein Kamingespräch mit dem Kaiser in Kitzbühel (an dessen Ende durchaus auch der Rauswurf stehen kann...). In der Psychologie bedeutet Rapport eine starke Bezogenheit der Menschen zueinander, eine besonders ausgeprägte Form der Empathie. Man kann Clemens Tönnies sicher viel vorwerfen, verschwenderisch mit Empathie umzugehen, steht aber nicht auf der Liste.
Der Fußball bedient sich auch nicht dieser Spielart des Begriffs, sondern der archaischen, kriegerischen Bedeutung. Beim Militär ist ein Rapport zunächst nicht mehr als ein Bericht. Interessant wird das Wort allerdings, wenn es sich um einen befohlenen Rapport handelt. In diesem Fall hat der Soldat meist etwas ausgefressen und wird zu seinen Vorgesetzten zitiert. Das passt schon eher zur Szenerie auf Schalke in der vergangenen Woche. Magath hatte durchaus etwas ausgefressen. Zunächst hat er einige altgediente Spieler aussortiert. Dass von denen allerhöchstens Heiko Westermann eine Lücke hinterlassen hat, interessiert in diesen Tagen niemanden mehr. Dann hat er das letzte Geld, das in Gelsenkirchen noch vorhanden war und sein wird, für eine bunte Truppe aus Griechen, Spaniern und Holländern ausgegeben, die dann aber viel lieber in Düsseldorf wohnen. Letztlich hat er durch anhaltenden Misserfolg in der Bundesliga (in der Champions League stehen die Schalker so gut wie selten zuvor da) den einzigen Mann im Verein, der im Zweifel noch mächtiger ist als Magath, nämlich Tönnies, zu einer polternden Rapport-Ankündigung via BamS genötigt.
Doch nicht nur Trainer, die einen hoch verschuldeten Verein an den Abgrund der Zweitklassigkeit manövrieren, müssen zum Rapport. Magath erfreut sich bester Gesellschaft in der Bundesliga. Erst kürzlich musste Ioannis Amanatidis zum Rapport. Heribert Bruchhagen stimmte nicht damit überein, dass bei Michael Skibbe das Leistungsprinzip außer Kraft gesetzt sei. Vor Jahresfrist musste der Kölner Stürmer Milivoje Novakovic zum Bericht antreten. Der inzwischen ebenfalls per Rapport beseitigte Zvonimir Soldo ließ sich bei dieser Gelegenheit einige Details einer Party schildern, bei der der Slowene sein Siegtor gefeiert hatte. Am folgenden Morgen hatte der Spieler das Training wegen einer Magenverstimmung abgesagt. Ein im Rapport zu klärendes Thema kann auch komplizierter als ein Kater sein, so beklagte Eljero Elia im Oktober die falsche BEhandlung seines lädierten Knöchels. Die Folge: Rapport.
Halten wir also fest: Wann immer Äußerungen oder Handlungen von Mitarbeitern des Clubs, denen noch irgendjemand vorsteht, der sie an Allmacht übertrifft, dem Erfolg des Vereins widerstreben oder nicht der offiziellen Sprachregelung entsprechen, kann ohne weiteres ein Rapport angeordnet werden. Wie so etwas dann abläuft, kann hier nicht abschließend geklärt werden. So ein Rapport ist in jedem Fall eine streng interne Angelegenheit. Auszuplaudern, was denn besprochen wurde hinter verschlossenen Türen, kann schnell zum nächsten Rapport führen!

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