Samstag, 27. November 2010

Fußball ohne Fußball

Torschütze wider Willen: Thomas Bröker

Das Berliner Exil erlaubt es mir leider nur noch sehr selten, Spiele meiner Fortuna zu sehen. Um so größer ist die Freude, dass mit Union und der Hertha aktuell gleich zwei Hauptstadt-Clubs den Weg in Liga Zwo gefunden haben. Vergangene Woche gastierte die Fortuna also mal wieder in meiner neuen Heimat und führte mir vor Augen, warum ich eigentlich schon vor den Spielen immer das Gefühl habe, dass das alles kein gutes Ende nimmt. Ich kann mich jedenfalls nicht daran erinnern, einmal mit der ehrlichen Überzeugung zu einem (Auswärts-) Spiel gefahren zu sein, dass ein Sieg fest planbar ist. Das Spiel in Berlin könnten Schöngeister als spannend bezeichnen, als rassig oder intensiv. Diese Umschreibungen werden meistens aus der rhetorischen Schublade geholt, wenn ein absoluter Gurkenkick schöngeredet werden soll. Offen ausgedrückt handelte es sich auch bei diesem Spiel um einen Gurkenkick, der Erstaunen darüber auslöste, dass die 22 Mann auf dem Platz mit dem, was sie da taten, tatsächlich ihr Geld verdienten.
Union Berlin war keineswegs ein starker Gegner, die Fortuna hat sich allerdings eine Spielweise angewöhnt, die scheinbar überhaupt nicht auf Torerfolge ausgelegt ist. Ein geplantes Angriffsspiel findet selten statt, Tore resultieren, wenn sie denn überhaupt fallen, entweder aus reinem Zufall oder sagenhaftem Fehlverhalten des Gegners. Bereits zwei Mal netzte die gegnerische Mannschaft gleich selbst für die Fortuna ein, weil sie wahrscheinlich das Gekicke ihrer rot-weißen Gegner nicht mehr mit ansehen konnten. Lange Zeit war der Sonntagsschuss der Hoffenheimer Leihgabe Wellington gegen die Hertha der einzige Stürmer-Treffer. Hilft der Gegner nicht, kann sich die Fortuna in Rahmen ihrer spärlichen Offensiv-Möglichkeiten immerhin auf die Standards verlassen.

Gestern abend gastierte das stürmische Ensemble auf der Alm in Bielefeld, bei dem Verein, der im Moment jedem frustrierten Anhänger in Deutschland vor Augen führt, dass es immer noch ein bisschen schlimmer geht. Das erste Tor der Fortuna durch Thomas Bröker fiel, wie es fallen musste, scheinbar gegen den Willen des Fortuna-Angreifers. Bröker kam erst in dieser Saison zur Fortuna und hat sich eigentlich ganz ordentlich eingeführt. Er hat sich zum Stammspieler gemausert und war über weite Strecken der einzige gesetzte Stürmer im Team. Tore schoss er selten, doch das scheint Trainer Norbert Meier auch schon gar nicht mehr von seinen Stürmern zu verlangen. Wie auch bei einem Mittelfeld, dem ein Ausfall von Regisseur Marco Christ den ganzen Vorrat an Phantasie raubt? Fortuna stürmte über die linke Seite mit Zoundi in die Hälfte der schon zu Beginn des Spiels an überforderten Arminen, auf der rechten Seite eilte Bröker mit nach vorne, ohne dass ihn ein Gegenspieler eines Blickes gewürdigt hätte. Zoundi spielte den Ball nach innen, natürlich kam er nicht direkt zu Bröker sondern rutschte dem verdutzten Verteidiger über den Fuß. Abgefälscht landete die Kugel dann doch beim Adressaten und der Tor-Schrei lag mir auf den Lippen. Bröker hatte allerdings einen anderen Plan. Er stoppte den Ball zunächst an, vermutlich, um sich eine bessere Schussposition zu verschaffen. Das führte zu einer mittelschweren Turnübung, bei der der Ball mehrfach den staksigen Stürmer umkurvte. Dass am Ende doch noch ein Tor fiel, war vor allem den Bielefeldern zu verdanken, die es scheinbar auch interessierte, wie die unfreiwillige Einlage enden wird.
Zoundi hatte die richtige Idee, die Ausführung gelang allerdings nur durch Zufall und der Treffer hätte letztlich mit einer beherzten Grätsche noch verhindert werden können. Die frühe Führung war also keinesfalls programmiert und der zweite Treffer zum Endstand fiel wie zu erwarten durch eine Standard-Situation. Der Rest des Spiels war eine seltsame Mischung aus Unwillen und Unvermögen, und beide Mannschaften bedienten sich beider Zutaten. So brachte die Fortuna über 60 Minuten keinen anständigen Angriff zu Ende, die Bielefelder taten hingegen, was sie konnten. Und das war nicht viel.
Wenn diese Spiele der Fortuna am Ende den Klassenerhalt bringen, dann sei es so. Und dann werden die Absteiger zu Recht mosern, auf welch hohem Niveau die Fortuna jammert. Aber ist denn die Sehnsucht, mal wieder ein mitreißendes und erfolgreiches Spiel des eigenen Teams zu sehen, so unangebracht?
 

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