Montag, 27. Juli 2009

Was erwartet uns? Die Saisonvorschau 2009

Endlich, es geht wieder los, eine knappe Woche muss der Fußball-Fan noch warten, dann rollt der Ball auch für die Erst- und Zweitligisten wieder. Zwar nur im DFB-Pokal, dessen erste Runde in den vergangenen Jahren nur noch wenige Überraschungen zugelassen hat, aber nach der langen Sommerpause, in der wir eher schlecht als recht von der U21 und dem Confed-Cup unterhalten wurden, erhält die Konferenz auf SKY eine Spannung und Kurzweiligkeit, die sie im April selbstverständlich nie erreichen könnte. Da sich die meisten präzisen Trainingspläne auf den in der darauf folgenden Woche stattfindenden Bundesliga-Auftakt ausrichten, wird nach mühsamen Siegen gegen unterklassige Gegner nicht selten von der noch fehlenden Frische nach der harten Vorbereitung die Rede sein, Ausreden, wie wir sie in den vergangenen Jahren immer wieder beim Ligapokal gehört haben, der ja bekanntermaßen endlich den Gnadenschuss erhalten hat. Der Supercup im ZDF hat den Premiere-Ligapokal (Wer ist überhaupt Premiere?) jedenfalls würdig und vor allem in angemessener Kürze vertreten.


Verschaffen wir uns nach der teilweise verwirrenden Sommerpause im Angesicht des Saisonstarts also einen ersten Überblick, worauf wir uns in der Bundesliga freuen dürfen. Fangen wir mit denen an, die den Rummel nach dem Klinsmann-Auftakt im vergangenen Jahr noch einmal toppen konnten, dem FC Bayern München. Uli Hoeneß wollte nach der schwäbischen Unternehmensberater-Ära am Spielfeldrand wieder einen richtigen Trainer verpflichten. Das Profil eines solchen Übungsleiters schien unklar, bis auf die mehr oder weniger präzise Altersangabe (Klinsmann zu jung, Heynckes zu alt). Dankenswerterweise hat der neue, richtige Trainer Louis van Gaal bei der ersten Pressekonferenz eine kleine Selbsteinschätzung zum besten gegeben und die versammelte Münchener Journalisten-Schar schenkelklopfte, wie das im distanzlosen Münchener Medienmilieu, in dem unliebsame Fragesteller vor die Tür gesetzt werden, in diesen Situationen verlangt wird. "Ich bin ich. Selbstbewusst, arrogant, dominant, ehrlich, arbeitsam, innovativ, aber auch warm und familiär." Sollen sich die Philosophen streiten, warum warm und familiär in der Niederlande Gegensätze von ehrlich und arbeitsam sind, interessanter ist, dass gerade die ersten Attribute immer auch Klinsmann zugesprochen wurden. Der Unterschied scheint im familiären, ja väterlichen Umgang des Trainers mit der Mannschaft zu liegen, kein Wunder eigentlich im patriarchischen, hoeneßschen Bayern. Der Trainer ist eben kein Partner, kein Kumpel. Ob Franck Ribery zu Real Madrid wechselt, ob er eine lustlose Vorrunde spielt und dann, um einiges billiger doch nach Spanien geht, oder ob er beim ersten Kurzeinsatz gegen Hoffenheim (im neu geschaffenen Samstags-Topspiel!) drei Buden knipst und das Wappen küsst, ist mir offen gestanden egal. Unternehmerisch hätten die Bayern jedenfalls nicht dämlicher aussehen können. Ich hätte das Geld für Ribery genommen, van der Vaart geholt, dazu frühzeitig Diego geködert und obendrein den Bremern einen Verteidiger abgeknöpft. Aber mich fragt ja keiner.

Sehr viel intelligenter, weil mit weniger öffentlicher Trommelei, wurde beim Meister (Waren das gar nicht die Bayern? Ach ja,...), dem VfL Wolfsburg gehandelt. Ich hätte nie gedacht, dass Edin Dzeko und Grafite gehalten werden können, aber Armin Veh scheint auch als Manager ein gewisses Durchsetzungsvermögen zu besitzen. Er konnte aber auch auf die charakterliche Stärke des eigentlich zum AC Mailand hingezogenen Dzeko hoffen, eine Stärke, die Ribery samt Berater eben abgeht. Die Abwehr ist so stark besetzt, dass ein Mann wie Costa nach Spanien gelassen wird und wenn im Sturm noch Obafemi Martins kommt, verfügt der VfL über drei Topleute (auf Bundesliga-Ebene). Wenn zusätzlich ein Kracher für's Mittelfeld verpflichtet wird, werden die Wölfe auch international nicht sang- und klanglos untergehen.

Darauf hoffen auch die Dritten im Champions League-Bunde, der VfB Stuttgart. Günther Netzer hat Horst Heldt ja bereits gelobt, dass er das Hickhack um Huntelaar nicht weiter mitgemacht hat, dabei sei es belassen. Ob jetzt Vagner Love kommt, oder der relativ unbekannte Spanier Negredo, der aber die Visitenkarte von 19 Treffern in der Primera Division mitbringt, die Suche der Stuttgarter scheint Hand und Fuß zu haben. Jetzt wird sogar Pizarro gehandelt, der in der Reihe wahrscheinlich noch die schlechteste Wahl, vielleicht aber am einfachsten zu haben ist. Verglichen mit dem Stareinkauf Ciprian Marica nach der Meisterschafts-Saison sind die Transferbemühungen des VfB jedenfalls erfrischend offensiv.

Erfrischend offensiv soll fortan auch der FC Schalke 04 zu Werke gehen, vor allem auf dem Platz, und dafür wurde ein neuer starker Mann für die Trainerbank verpflichtet. So hieß es vor genau einem Jahr. Dass die Schlagzeilen heute die gleichen sind, zeigt, wie sinnstiftend die vergangene Saison für die Knappen verlaufen ist. Aber sie haben dazugelernt, der neue starke Mann scheint in der Tat ein solcher zu sein, und kein nuschelnder Taktikfuchs mit fragwürdigen Wunschspielern. Von Felix Magath profitiert der VfL Wolfsburg jetzt noch und beim großen FC Bayern hat sich seit der Demission des Quälix auch nicht mehr viel getan (aber da wird ja jetzt alles anders...). Der kurzfristige Erfolg scheint also möglich und die Vermutung ist zumindest nicht abwegig, dass die Erwartungen in Rheda-Wiedenbrück insgeheim auch genau so gelagert sind. Mal sehen, ob der Fleischfabrikant und sein Steuerberater den oft beschworenen Entwicklungsprozess tatsächlich geschehen lassen. Die schon chronische Abschlussschwäche, die eng mit der Person von Kevin Kuranyi verbunden ist, soll jetzt möglicherweise Marko Pantelic beheben. Beide zusammen im Sturm würden dann womöglich bald als "Der Schöne und das Biest" in den deutschen Strafräumen ihr Unwesen treiben. Wer dann wer ist, liegt wie immer im Auge des Betrachters.

So gut wie bei Bruno Labbadia sei das Training zuletzt bei Ottmar Hitzfeld gewesen, erklärte Ze Roberto nach seinen ersten Einheiten beim Hamburger SV. Der erste deutsche Verein auf Pflichtspiel-Terrain (Donnerstag gegen Randers) hat einen Trainer verpflichtet, dem auf diese Weise zwar der größte Ritterschlag zu Teil wurde, den er im deutschsprachigen Raum erhalten konnte, andererseits den Nachweis seiner tatsächlichen Klasse eigentlich noch schuldig ist. Mal sehen, ob der Einbruch in der Rückrunde tatsächlich eine Leverkusener Krankheit ist (fragt mal Michael Skibbe), oder ob Labadia auch mit dem HSV nur eine starke Serie hinbekommt. In einem Jahr wissen wir mehr... Die Transferpolitik in der Hansestadt begeistert auch weiterhin. Ze Roberto, Marcus Berg (Torschützenkönig der U21-EM), David Rozehnal, das sind alles sinnvolle Investitionen. Dietmar Beiersdorfer ist zwar weg, aber auch ohne ihn wird das scheinbar vorhandene Geld gut ausgegeben. Anfängliche Wechselgerüchte um Paulo Guerrero waren schnell unter den Tisch gekehrt und wer ohne viel Aufhebens in einer Sommerpause Trainer und Manager austauscht, ohne dass der Verein am Abgrund steht, scheint in sich zu ruhen. Der HSV ist diesbezüglich der Gegenpol zum FC Schalke.

Ruhe herrscht auch jederzeit in Leverkusen, nur manchmal wird Ruuuudi etwas zornig und dann knöpft er sich die Mannschaft auch vor. Insgesamt ist Leverkusen aber der perfekte Platz für eine ausklingende Trainerkarriere. Wenig Druck von außen, viele junge, intelligente Spieler, die noch auf einen erfahrenen Ex-Trainer von Real Madrid, und Champions League-Sieger, jawohl, hören. Kein Wunder, dass Jupp Heynckes, gerade vor laufender Kamera von Franz Beckenbauer als zu alt für den FC Bayern abgekanzelt, sein Glück in dieser rheinischen Idylle gesucht hat. Bruno Labbadia scheint trotz Hitzfeldscher Mannschaftsführung einen nicht umwerfenden Eindruck bei den Verantwortlichen der Werkself hinterlassen zu haben, anders ist der Wechsel zum Gegenentwurf des jungen Trainers nicht zu erklären. Was sich Holzhäuser und Völler als Ergebnis der kommenden Saison vorstellen, ist mir schleierhaft, Heynckes ist in jedem Fall, zurückhaltend formuliert, eine mutige Entscheidung.

So viel zunächst zum oberen Drittel. Nächstes Mal gibt's Michael Skibbe und die Grillstube Akropolis Frankfurt, eine Prognose, welcher Aufsteiger drinbleibt, und den Tipp, welcher Trainer als erster fliegt und die Erklärung, was Lukas Podolski damit zu tun hat.

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