Samstag, 18. April 2009

Schicksal

Willkommen zurück nach unserer kleinen Oster-Pause. Nachdem der deutsche Fußball jetzt wieder gerettet ist und wir in der Fünfjahreswertung mit wehenden Fahnen an diesen Anfängern aus Italien vorbeiziehen werden, können wir den Blick getrost wieder auf die Bundesliga lenken.
Der VfL Wolfsburg hatte vor dem heutigen Spiel gegen Leverkusen bereits zwei wichtige Voraussetzungen erfüllt, die eine Mannschaft im Höhenrausch auszeichnen. Im (ausverkauften) Stadion fanden sich Fans ein, deren Gesichter bemalt waren und Marcel Reif kommentierte das Gekicke gegen Leverkusen. Dafür war der Premiere-Chefreporter immerhin in die niedersächsische Provinz gereist. Man sagt ihm ja nach, dass er sich sonst lieber in München oder Barcelona aufhält. Wolfsburg und Leverkusen haben mich nach gut einer halben Stunde der spielerischen Armut zum Revierderby nach Bochum getrieben, dem Paul Freier allerdings wider Erwarten in der zweiten Hälfte keine Wende mehr geben konnte. Der BVB hat jetzt den inoffiziellen Titel des Ruhrgebiets-Meisters errungen, eine im Pott nicht zu unterschätzende Trophäe. Da sie aber in der Bundesliga plötzlich wieder hinter den Euphorie-, Blut-, Schweiß- und Tränen-Schalkern stehen, dürfte die Freude über den ersten (und garantiert letzten) Titel der Saison gedämpft sein.

Viele haben zudem ja gebannt nach Bielefeld geschaut und eine weitere Peinlichkeit der Super-Bayern herbeigesehnt. Dass es dazu nicht kam lag an der vielzitierten individuellen Klasse, die die Bayern im Sturm besitzen und die Bielefelder in der Abwehr eben nicht. So steht es am Ende 1-0 für den deutschen Meister, eine Leistung, die Felix Magath nicht ohne Augenzwinkern als „wahrscheinlich souverän“ bezeichnete. Das Feixen hätte Quälix allerdings ohne die Hilfe von Dr. Drees durchaus vergehen können, denn es brauchte die Hilfe des Referees aus Münster, der zunächst den Elfer, der keiner war, gab, und dann den eindeutigen Strafstoß für die Werkself nicht pfiff. Die Bayern sind jahrelang auch dank der Schiedsrichter Meister geworden, daher scheinen die Wölfe auch in dieser Hinsicht gut gerüstet. Sollte Bruno Labbadia Zuspruch in der Sache Dr. Drees brauchen, ist ihm jedenfalls ein Anruf bei Jürgen Klopp oder Robert Kovac zu empfehlen.
Auch Dr. Felix Brych hat eine kleine Kostprobe gegeben, wie die Unparteiischen Einfluss auf ein Spiel nehmen können, indem er Gladbach das Tor verwehrte und der stattdessen gegebene Elfmeter verschossen wurde. Sollte den Rheinländern am Ende ein Punkt fehlen, werden sie bei aller Selbstkritik sicher auch an das Spiel in Frankfurt denken, und was nur gewesen wäre, wenn das Tor von Galasek gezählt hätte. Gerade läuft das FA-Cup-Halbfinale zwischen Chelsea und dem FC Arsenal. Zumindest was die Schiedsrichter angeht, braucht sich die Bundesliga keineswegs hinter den englischen Topspielen zu verstecken. Das Handspiel von Silvestre hätte Dr. Drees ähnlich beurteilt.
Im Zusammenhang mit Mönchengladbach wundere ich mich außerdem Woche für Woche, welchen Eindruck Marcus Marin in Fußball-Deutschland hinterlassen hat. Mich hat er im Spätherbst seiner Karriere bei seinem Gastspiel in Düsseldorf nicht vom Hocker gerissen, bei Friedhelm Funkel, der Marcus Marin heute noch immer auf dem Platz wähnte, scheint das anders zu sein. Auch Jogi Löw, der Style-Coach, hatte ja einst seinen Träumen freien Lauf gelassen und wünschte sich Marcus Marin für die Alpen-EM. Der ehemalige Erst-, Zweit- und Regionalliga-Profi scheint noch seine Fans zu haben...
Das im Moment typischste Kellerkind der Liga ist der KSC. Das Auftreten der Badener erinnert mich an meine Jugend im Rheinstadion bei der Fortuna. Diese Pfützen auf der Laufbahn, die in den Bundesligastadien heute kaum noch zu sehen sind, sind das Symbol für jeden guten Abstiegskampf. Das Wildparkstadion wirkt wie der letzte Tempel der trostlosen, alten Zeit ohne Plastikclubs und Plastikstadien, als bei Regen im weiten Rund noch überall bunte Regenschirme aufgespannt wurden und die Lautsprecheranlagen nicht aussahen und klangen wie die in Nachtclubs, sondern wie die blechernen Lautsprecher in Schwimmbädern oder auf Bahnhöfen. Heute werden beim Abstiegskampf-dramatisierenden Sturzregen zum Teil ja nicht einmal mehr die Spieler nass, wie soll bei diesem Luxus ein schönes Gegrätsche um die Existenz entstehen? Dieser Pfostenschuss von Giovanni Federico war der berühmte Abstiegs-Ball, der Kuss des Todes, wenn wir es dramatisch ausdrücken wollen. In Cottbus gingen diese Bälle in den vergangenen Jahren immer rein, in Karlsruhe nicht. Woody Allen hat in seinem Film Matchpoint zu dieser Problematik das schöne Bild des auf der Kante des Netzes tanzenden, alles entscheidenden Tennis-Balls entworfen. Dass sich nicht einmal eine Nachschuss-Chance für Joshua Kennedy ergab, zeigt, dass das Schicksal eben selten Alternativen zulässt.
Um die Existenz scheint gerade auch Uli Hoeneß, der Noch-Manager des FC Bayern, zu reden. Der sonst fähige Ecki Heuser ließ ihm nach dem „wahrscheinlich souveränen“ Sieg in Bielefeld das Krisen-Blabla der vergangenen Wochen mit einem Mal wegwischen und frühzeitig ein positives Saison-Fazit ziehen. Da sprach der Bayern-Besitzer (Heuser betonte immer wieder, der FC Bayern sein Uli Hoeneß’ Verein) von einem wirtschaftlich guten Jahr, davon, dass sie in der Meisterschaft dabei sind die Champions-League bis ins Viertelfinale hinein erleben durften. Und dass es viele Clubs auf der Welt gäbe, die in dieser Situation mit den Bayern tauschen wollen. Dann dürfte Klinsi doch auch nächste Saison noch Trainer sein oder? Bei so viel Erfolg? Wirtschaftlich wie sportlich? 

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