Sonntag, 22. März 2009

I survived Schalke vs. HSV

Gerade eben bin ich wieder aufgewacht, nach dem Bundesliga-Reißer vom frühen Sonntag-Abend habe ich mir erstmal ein Schläfchen gegönnt. Warum soll mir nicht erlaubt sein, was die Spieler auf dem Rasen fast über 90 Minuten praktiziert haben. Als Spitzenspiel angekündigt verkam der Vergleich zwischen müden Hamburgern und gelähmten Schalkern zur Parodie eines Fußballspiels, zum Experiment, wie dieser Sport ohne läuferische Anstrengung und technische Fertigkeiten der Akteure aussehen könnte. Der FC Schalke braucht keinen neuen Manager, er braucht einen neuen Trainer. Sicher hat Lucien Favre in Berlin auch seine Zeit bekommen und Dieter Hoeneß wird jetzt für seine Geduld belohnt. Das ist ja das Beispiel, das zur Rettung Ruttens immer angeführt wird.
Einen solchen Rumpelfußball wie Schalke ihn momentan bietet, hat die Hertha sich jedoch auch im ersten Jahr unter dem Schweizer nur selten geleistet. Es fehlt an elementaren Fertigkeiten, die eigentlich im Training einstudiert werden. Da werden Freistöße einfach Richtung Flügel geschlagen wo der immer gleiche Spielzug mit dem hinterlaufenden Außenverteidiger abgespult wird. Dann schnappt sich Jermaine Jones wieder den Ball und weiß nach all der Kraftmeierei im Mittelfeld am Strafraum chronisch nicht, was er mit der Kugel anfangen soll. Kevin Kuranyi... ach hören wir damit auf. Wann zeigt jemand Halil Altintop, dass sein Fuß auch eine Innenseite hat? Vicente Sanchez ist die Bemühung nicht abzusprechen, und falls diese Formulierung als Kritik noch nicht reicht, sei darauf hingewiesen, wie vogelwild der Südamerikaner über den Platz stürmt und dann in den entscheidenden Momenten keine Körner mehr hat. Mladen Kristajic hat jetzt gerade die Kapitänsbinde von Marcelo Bordon übernommen. Wer aber Flankengeber so halbherzig angeht (wie schon in Wolfsburg) und sein Abwehrzentrum so zum Grabbeltisch für Goalgetter verkommen lässt (wie schon in Wolfsburg), sollte das Kapitänsamt gleich wieder wegen mangelnder Eignung abgeben. Bei allen Sympathien für den scheinbar recht umgänglichen Fred Rutten darf nicht verkannt werden, was ein so genannter Erfolgscoach an diesen ganzen Mängeln vielleicht ändern könnte. Vergessen wir an dieser Stelle den HSV als Steigbügelhalter dieses Fußball-Desasters nicht. Auch die Hanseaten sollten sich für ihre Leistung schämen und nicht mehr darüber sprechen. Schuld bin ich auch irgendwie selbst an diesem Erlebnis, warum habe ich nicht das parallel übertragene 5-0 des FC Liverpool gegen Aston Villa verfolgt.
Die Super-Bayern haben recht humorlos den KSC wieder nach Hause geschickt und dabei wieder einmal demonstriert, wie man sich lästige Platzverweise vom Hals halten kann. Zunächst braucht es einen internationalen Star, zum Beispiel aus Frankreich. Der muss arg gebeutelt sein durch fiese Tritte der holzfüßigen deutschen Verteidiger. Ab und zu muss der Manager des Clubs, für den der französische Star-Kicker aufläuft, genau auf diesen Umstand hinweisen und so die Öffentlichkeit davon überzeugen, dass der Gast aus Frankreich per se als Opfer anzusehen ist. Hat sich diese Überzeugung einmal festgesetzt, kann sich der Gepeinigte und entsprechend Bemitleidete schon einmal eine zünftige Ohrfeige leisten, höchstens die gelbe Karte könnte die Folge sein. Um diesen Mechanismus, der bei Clubs, die diese Taktik der Beeinflussung verinnerlicht haben, immer klappt, zu konservieren und gewissermaßen in Serie gehen zu lassen, muss direkt im Anschluss an die Fehlentscheidung zu eigenen Gunsten noch einmal ordentlich medial nachgelegt werden. Rote Gesichtsfarbe und die Sätze „Das ist immer noch Fußball!“ und „Spielen Sie mal nicht den Moralapostel!“ sind Pflicht bei der verbalen Nachbereitung der nicht geahndeten Tätlichkeit. Derart bestätigt, wird der Schiedsrichter auch in Zukunft reinen Gewissens die eine oder andere Unappetitlichkeit übersehen. 
Eine Begegnung mit sich selbst hatten die Spieler von Energie Cottbus am Samstag Nachmittag. Der 1.FC Köln trat in der Lausitz mit sieben Defensiv-Spezialisten an und zeigte den eigentlichen Maurermeistern der Liga damit, was eine Harke ist. Hilflos rannten die Gastgeber an und erfuhren am eigenen Leib, was es bedeutet, wenn der Gegner nicht vorhat, am Spiel teilzunehmen und am Ende auch noch die Tore macht. Das ist ziemlich frustrierend. 
Das Schlusswort gehört dem Tabellenführer. Wenn jetzt auch viele Experten beginnen werden, die Erfolgsära des Hauptstadtclubs zu Grabe zu tragen, will ich daran erinnern, dass die Berliner nach der Länderspielpause Borussia Dortmund empfangen und die Bayern nach Wolfsburg müssen. Lassen wir mal die Hertha 1-0 gewinnen und die Verfolger im direkten Vergleich unentschieden spielen. Dann sieht die Situation mit einem Mal wieder sehr viel komfortabler aus. Zweifeln wir unsere Lobeshymnen der vergangenen Wochen also nicht nach einer Auswärtsniederlage bei starken Stuttgartern an.

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