Sonntag, 22. Februar 2009

Schuh-Tick

Es war die Szene des Spieltags. Jens Lehmann sammelt den Schuh von Salihovic ein und wirft ihn aufs eigene Tor, worauf der verdutzte Hoffenheimer erstmal vom Schiedsrichter angehalten werden muss, seine Ausrüstung wieder zu komplettieren. Ich reihe mich mal in den Chor derer ein, die erst einmal sagen, dass das natürlich unsportliches Verhalten war. Aber außer Ralf Rangnick musste eigentlich auch jeder über die Situation schmunzeln, wie der abgezockte alte Haudegen den jungen Wilden eine Nasenlänge voraus ist. Absolutes Lob verdient auch die schnelle Reaktion Lehmanns. Da muss man in so kurzer Zeit auch erstmal drauf kommen, den Gegner auf diese Weise aus dem Spiel zu nehmen. Und der Hoffenheimer wird in Zukunft mehr Engagement beim Einsammeln verlorener Schuhe an den Tag legen.


Diese Zote zeigt auch wieder, dass Fehlentscheidungen von Schiedsrichtern auch ihre Vorteile haben. Wenn Salihovic die rote Karte bekommen hätte, die er verdient gehabt hätte, wäre die Bundesliga in Zukunft um eine Anekdote ärmer. Um das Thema Fehlentscheidungen dann auch abzuschließen, sei noch einmal der heutige Doppelpass zitiert, bei dem mir immerhin der Vizepräsident des DFB inhaltlich zur Seite gesprungen ist und nicht ernst nahm, dass Wontorra ein "Reißen" gegen Donovan gesehen hatte. Die leichte Berührung durch Broich hatte den Schiedsrichter aber vollkommen zu recht nicht nachhaltig interessiert.

Rätsel gibt im Moment Mario Gomez auf. Er trifft am laufenden Band und sollte sich doch eines neuerlichen Höheflugs seiner Karriere erfreuen, stattdessen fällt er wiederholt auf, indem er einer breiten Öffentlichkeit mitteilt, was er so ganz persönlich von seinen Gegenspielern hält. Mir gehen die Hoffenheimer auch auf den Sack, da stimme ich mit unserem EM-Star überein, aber wenn er das jetzt durchhält und sich alle paar Monate über nervige Gegenspieler beschwert, könnte sein Ruf als harter Kerl erheblich leiden.

Ein ganzer Kerl muss im Moment auch Jürgen Klinsmann sein. Sein Konzept scheint kurz vor dem Scheitern zu stehen. Die Erwartungen im Klub übertreffen wieder einmal die Realität bei weitem. Und so lange Uli Hoeneß auch nach einer Heimniederlage noch vom einfachen Gegner aus Köln spricht, deutet zumindest nichts auf eine Korrektur der Arroganz in Richtung Demut hin. Sympathisch finde ich persönlich, dass Klinsmann seinen alten Kumpel aus Los Angeles jetzt nicht verpflichten darf und daran erinnert wird, dass er ja auch noch einen anderen Nationalstürmer im Kader hat. Lukas Podolski spielt natürlich eine Saison, die ihn wenn überhaupt als Karnevalsprinz für Köln qualifiziert, doch was erwarten wir auch von einem Stürmer, der bekanntermaßen seine Streicheleinheiten braucht und in München nichts als die Peitsche bekommt. Klinsmann muss sich jetzt die Nerven verdienen, die Ottmar Hitzfeld schon zweimal nicht mehr hatte.

Schalke, Dortmund und Bremen werden gerade zu den grauen Mäusen der Liga. Häme (Schalke), Verwunderung (Dortmund) und Mitleid (Bremen) erfassen den Fan, wenn er den Auftritt dieser drei Mannschaften verfolgt. Das Revier-Derby am Freitag abend hatte ähnlich viel fußballerische Klasse wie ein Topspiel unter irischen Fußballklubs. Bei allem Kampf, aller Leidenschaft der Beteiligten darf nicht vergessen werden, dass da nicht Busfahrer gegen Grundschullehrer sondern hochbezahlte Profis gegen hochbezahlte Profis spielen. In die Loblieder auf das Tor von Kevin Kuranyi möchte ich nicht vorbehaltlos einstimmen, seinem Treffer haftet der Verdacht des Zufalls an.

Zu Bremen fällt einem nichts mehr ein. Natürlich kann die Einkaufspolitik nicht ganz gestimmt haben, wenn immer noch keine fähigen Außenverteidiger auf dem Platz stehen. Natürlich hätte man vor diesem Hintergrund Patrick Owomoyela auch nicht unbedingt verkaufen müssen. Natürlich sind Baumann und Frings weit über ihren Zenit hinaus und Diego treibt nur sein zukünftiges Gehalt hoch. Natürlich ist auch ein Özil, der schon auf Schalke keine große Nummer war, damit überfordert, das Spiel zu prägen. Und natürlich haben sie keine treffsicheren Stürmer mehr, wenn Pizarro ausfällt. Aber so anfängerhaft in Cottbus, gegen Bielefeld und Mönchengladbach Punkte liegen zu lassen, kann nicht dem Niveau der Mannschaft entsprechen. Gegen Milan werden sie wieder einmal Charakterschwäche beweisen, indem sie erneut eine tolle Leistung und damit ihr eigentliches Potenzial zeigen werden. Und wieder werden wir uns fragen, warum sie nicht immer so spielen.

Keine Kommentare: