Donnerstag, 19. Februar 2009

Man sucht es sich halt nicht aus...

Die Liebe zu einem Fußball-Club hält ein ganzes Leben. Sagt man so. Alan Shearer hat in der vergangenen Ausgabe der 11Freunde erzählt, dass er die geringer werdenden Zuschauerzahlen in der Premier League sehr gelassen sehen würde, da ein echter Fan sein Leben lang zu seinem Club steht. Egal, was passiert. Nun hat der Fan eines englischen Erstliga-Clubs das freilich luxuriöse Problem steigender Ticket-Preise und fortschreitender Kommerzialisierung. Und in diesem Umfeld wird Alan Shearer recht behalten. Denn wie sollen kostspielige Stadionbesuche die Fans rausekeln können, wenn sich noch Typen wie ich finden, die ein paar Tage vor Weihnachten zum Auswärtsspiel von Fortuna Düsseldorf nach Paderborn pilgern.
Bei ungefähr zwei Grad über null sitzt der Fan da in einem Schalensitz (Stehplätze gab es nicht mehr, weil sich noch einige solcher Typen in Düsseldorf finden), schaut in den Nieselregen und stellt seinen Club wieder einmal in Frage. An diesem permanenten in Frage stellen, rumnörgeln, beschimpfen, verfluchen und sich abwenden wäre schon die beste Ehe zu Bruch gegangen. Dem Club bleibt man aber treu, obwohl ein Wechsel diesbezüglich viel einfacher wäre als ein Austausch der Ehefrau. Trotzdem lässt man sich quälen, schaut sich wieder ein null zu null der schlechteren Sorte an, wobei es doch so einfach wäre, den Bayern München-Schal anzuziehen und sich zu freuen, wenn Luca Toni ein Tor schießt. Aber das wäre nicht das Gleiche.

Im vergangenen Sommer bin ich mit ein paar Freunden nach Erfurt gefahren. Es war der letzte Spieltag, und Fortuna hatte noch Aufstiegschancen. Jedenfalls rechnerisch, und das auch nicht aus eigener Kraft. Dennoch ist man an einem solchen Tag felsenfest davon überzeugt, dass es klappen wird mit dem Aufstieg. Dabei vergisst jeder, wie oft er im Verlauf der Saison schon frustriert erklärt hat: Die steigen nie mehr auf! In der Sommersonne von Erfurt schien es plötzlich doch wieder möglich. Und daran liegt auch die fatale, fesselnde Kraft, die vom Lieblingsverein ausgeht. Der Lieblingsverein, und ist er noch so schlecht, weckt im subjektiven Empfinden des Fans immer zur rechten Zeit ein Fünkchen Hoffnung, dass doch alles wieder gut wird. Die Fortuna hat das perfektioniert. Immer dann, wenn sich auch treue Fans gerade mit guten Gründen abwenden wollen, gelingt ihr ein Coup, mit dem niemand gerechnet hätte und der die Anhänger erleichtert ins Stadion zurückkehren lässt. Denn wirklich gebrochen mit dem Club hätte natürlich niemand.

Am vergangenen Wochende hatte die Fortuna mal wieder so einen großen Moment. Sie hat diese Momente inzwischen so gut drauf, dass auch die Ergebnisse anderer Mannschaften schon für neue Hoffnung sorgen können. Fortuna hatte Burghausen abgefertigt und parallel verloren einigermaßen sensationell Emden und Paderborn. Mit einem Mal glühten die Drähte in mein Berliner Exil wieder heiß. Die Fortuna war wieder dran. Nachdem sie Ende Januar gegen Rot-Weiß Essen blamabel aus dem Niederrhein-Pokal ausgeschieden war, hatte sie sich bei den Fans zurückgemeldet und wieder einmal im richtigen Moment dafür gesorgt, dass wir ihr treu geblieben sind.

Und jetzt wird natürlich wieder vom Aufstieg gesprochen! Wir alle wissen, dass das nichts wird und dass wir auch nächstes Jahr wieder nach Burghausen und Aalen und Aue und Jena müssen. Die Einführung einer Relegation wird uns dieses Mal in der Dritten Liga halten. Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass es gegen Koblenz oder Frankfurt nicht reichen wird. Aber bis es dann nicht gereicht hat, werde ich Feuer und Flamme für den Aufstieg sein, werde ich den Verstand ausschalten. Hinterher, wenn sich die Gemüter in der Sommerpause wieder beruhigen, kann ich dann immer noch sagen: Die steigen nie mehr auf!

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