Samstag, 21. Juni 2014

Spanien ist raus, England ist raus, und Italien ist auch schon ganz schlecht

Vordergründig schadete die Niederlage der Italiener gegen Costa Rica erst einmal den Engländern. Die hatten sich mit null Punkten nach zwei Spielen nicht einmal unberechtigt Hoffnungen auf ein kleines Wunder gemacht. Doch das Wunder blieb aus und so kümmerte sich die Weltöffentlichkeit erst einmal um das doch etwas unbeholfene Auftreten des Mutterlandes. Fast ist in den Hintergrund geraten, dass auch Italien vor dem Aus steht.

Steile These? Mag sein. Aber wer das Spiel Uruguays gegen England mit dem der Italiener gegen Costa Rica vergleicht, kann durchaus auf die Idee kommen, dass Suarez & Co. nicht unbedingt als krasse Außenseiter ins Spiel gehen. Im Gegenteil. Der Biss, mit dem die Südamerikaner England niederrangen, ging Italien bisher in beiden Partien ab. Einmal hatten sie noch Glück. Roy Hodgsons Team versuchte in der Hitze von Manaus die Italiener niederzurennen. Regelrecht naiv verausgabten sie sich in der ersten Hälfte derart, dass ebenfalls konditionell nicht zur Spitze zählende Azzuri die Führung locker verwalten konnten.

Costa Rica war aber, so komisch das klingt, ein anderes Kaliber als England. Sie gingen Italien nicht ins Netz, reagierten nicht auf die Verlockung, das Spiel zu machen und so die entscheidenden Kräfte zu lassen. Sie brachten, begünstigt durch eine Führung, die den bedauernswerten Engländern nicht vergönnt war, die Italiener in die Pflicht und entlarvten deren körperliche Defizite. Und nicht nur die.

Sie wirken phasenweise wie ein Zwilling der Spanier. Hochtalentierte Spieler agieren regelrecht abwesend und unfassbar glücklos. Außerdem fehlt ein variables Konzept, eine eng stehende Verteidigung auch ohne größeren läuferischen Aufwand zu knacken. Gegen Costa Rica versuchte Italien es vor allem mit langen Bällen auf Balotelli, in der zweiten Halbzeit verwirklichte sich Cassano immer wieder als Wühler. Den Mittelamerikanern genügten jedoch Mittel fern jeder Finesse, um den Favoriten zu stoppen.

Schwach agierte auch Daniele De Rossi. Fällt er praktisch aus, gibt es in der Zentrale nur noch Pirlo. Und der kann, bei aller Kunst, auch nicht alles alleine machen. Gegen England zeigte er sogar noch eine gute läuferische Leistung, gegen Costa Rica konnte er dem Spiel am Ende keine andere Richtung mehr geben. Cassano, De Rossi, Pirlo – sie wirken fast wie Anachronismen aus einer Zeit, in der Italien noch jedem Gegner das eigene Spiel aufzwingen konnte, weil sie ihnen taktisch stets überlegen waren. Dass heute selbst Costa Rica einen Taktikfuchs auf der Bank hat, nivelliert einen traditionellen Vorteil italienischer Mannschaften. 

Und damit wird der Weltmeister von 2006 mehr denn je an den Fähigkeiten gemessen, die auch die Konkurrenz in die Waagschale wirft. In Unkenntnis aktueller Laktat-Werte kann ich nur aus den Spielen auf die Konstitution der Spieler schließen. Die scheint nicht so zu sein, dass ein Auftakt im Dschungel weggesteckt wird und in den weiteren Spielen die Körner bis zur Schlussphase reichen. Welch eine Fehlplanung, kann man da nur sagen, wenn mit der Kondition die vielleicht wichtigste Eigenschaft bei diesem Turnier fehlt!

Kondition, Laufbereitschaft, dem Gegner in jeder Situation unangenehm sein: So haben Chile, Costa Rica, aber auch die Niederlande oder Deutschland bisher große Leistungen vollbracht. Italien hingegen wirkt erstarrt und bisweilen behäbig, ihr Stil so modern wie das Forum Romanum. Wo ist die Innovation der Dreierkette, die in Polen und der Ukraine aufhorchen ließ? In diesem Jahr sehe ich keinen taktischen Zug, der der tränenveredelten Leidenschaft eines Luis Suarez etwas entgegenzusetzen hat.

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